Das Zeremonialappartement in der Hofburg

Prospect der kayserlichen Burg, Kupferstich, 17. Jahrhundert

Martin van Meytens (Werkstatt): Die Erstverleihung des Sankt-Stephanordens, Ölgemälde, 18. Jahrhundert

Historisches Foto der Geheimen Ratsstube im Zeremonial-Appartement des Leopoldinischen Traktes mit Thronarrangement, um 1900

Historisches Foto des "Reichen Zimmers" mit Blick auf Prunkbett und astronomische Uhr, vor 1945

Eine imposante Raumflucht von 150 Metern Länge, deren Kostbarkeit sich von Zimmer zu Zimmer steigert. Die kaiserlichen Gemächer im Leopoldinischen Trakt der Hofburg bildeten die exklusivsten Appartements der Monarchie – im wahrsten Wortsinn: denn die breite Öffentlichkeit war ausgeschlossen.

Prospect der kayserlichen Burg, Kupferstich, 17. Jahrhundert

Martin van Meytens (Werkstatt): Die Erstverleihung des Sankt-Stephanordens, Ölgemälde, 18. Jahrhundert

Historisches Foto der Geheimen Ratsstube im Zeremonial-Appartement des Leopoldinischen Traktes mit Thronarrangement, um 1900

Historisches Foto des "Reichen Zimmers" mit Blick auf Prunkbett und astronomische Uhr, vor 1945

Der Zutritt zu den einzelnen Zimmern war strengstens nach dem Rang in der höfischen Hierarchie geordnet. Hohe Adelstitel beinhalteten Vorrechte, die sich hier räumlich in der abgestuften Nähe zum "Quell aller Macht", dem Monarchen, realisierten.

Über den Schweizerhof, den innersten und ältesten Hof der kaiserlichen Burg, gelangte man in die Trabantenstube, wo die Leibgarde postiert war. Der folgende Raum, die Ritterstube, war der öffentlichste, zugänglich für Bittsteller und Gäste, deren Zahl von der Anziehungskraft und der Bedeutung des Kaiserhofes zeugte: Zutritt hatten Diplomaten, hohe Staatsbeamte, Akademiker, Offiziere, Personen von einfachem Adel sowie adelige Fremde. Wer nicht weiter durfte, musste warten, bis der Monarch die inneren Gemächer verließ. Bei dieser Gelegenheit konnte man Bittschriften übergeben, oder gar hoffen, vom Kaiser angesprochen zu werden. Eine besondere Gnade war es, von seiner Majestät die Hand zum Kuss gereicht zu bekommen.

Über einen Pufferraum, die Erste Antecamera (Vorzimmer), gelangte man in die Zweite oder Große Antecamera, die dank ihrer stattlichen Ausmaße Schauplatz festlicher Anlässe war, zu denen der hoffähige Hochadel und die hohe Geistlichkeit zugelassen wurden. Noch höher im Rang stand die anschließende Geheime Ratsstube, die neben den kaiserlichen Geheimen Räten und den obersten Hofwürdenträgern nur regierenden Fürsten, Kardinälen und Gesandten königlicher Häuser vorbehalten war.

Die innersten Gemächer, das Allerheiligste des Habsburgerreiches sozusagen, wurde von der Retirade (wörtlich Rückzugsort), wo höchsten Gästen die Gnade eines persönlichen Gespräches mit dem Monarchen zuteil wurde, und dem Gemeinsamen Schlafzimmer des Kaiserpaares dominiert. Dieser überaus  kostbar ausgestattete Raum wurde am Wiener Hof, anders als am französischen Hof, nicht für öffentliche Zeremonien verwendet.

Bis Maria Theresia war dieses Appartement die tatsächliche Wohnung des Kaiserpaares. Erst Joseph II. brach mit dieser Tradition. Nun bevorzugte man Privatappartements in anderen Teilen der Burg. Das Zeremonialappartement stand als höchstrangige Raumfolge der Hofburg jedoch für repräsentative Anlässe weiterhin in Verwendung.

Nach 1918 zunächst museal zugänglich, werden die Räume heute als Präsidentschaftskanzlei bzw. als Konferenzzentrum genutzt.

Martin Mutschlechner