Das Volk gegen den nützlichen Kaiser
Bei seinen Untertanen kam Joseph II. mit seinen "nützlichen" Maßnahmen nicht immer gut an – er sah sich unter anderem Aufständen in Ungarn und den Niederlanden gegenüber.
Joseph II. an seinen Freund Prinz Charles de LigneIhr Land hat mich getötet. Der Verlust von Gent war meine Agonie, die Räumung Brüssels mein Tod.
1784 brachten 20.000 Leibeigene ihren Unmut gegen die ungarischen Grundherren zum Ausdruck. Das Zentrum dieses Bauernaufstandes war Zlatna/Kleinschlatten in Siebenbürgen (heute Rumänien). Die Anführer wurden jedoch verraten und im Februar 1785 grausam hingerichtet: Ihnen wurden Arme und Beine zerschmettert und anschließend die Eingeweide herausgerissen – 2.000 Bauern mussten dabei zusehen. Joseph II., der in Ungarn wegen seines Verzichts auf eine Krönung als "König mit Hut" bezeichnet wurde, hatte sich auf die Seite der Mächtigen gestellt. Immerhin erlangten die Aufständischen einen Erfolg, da 1785 die Leibeigenschaft in Siebenbürgen aufgehoben wurde.
Die Niederlande waren mit Ende des Spanischen Erbfolgekrieges an die österreichischen Habsburger gegangen, Prinz Eugen hatte als erster Statthalter fungiert. Joseph II. wollte das Gebiet gegen Bayern tauschen, womit er aber scheiterte. Also versuchte die Zentralisierung von Verwaltung und Rechtssystem. Schon vorher hatte es starken Widerstand gegen die absolutistische Regierung gegeben. Nun kam es ab 1. Dezember 1786 zum Aufstand in Löwen/Leuven, der sich bald nach Brabant ausbreitete. Der Statthalter Albert von Sachsen-Teschen und seine Frau Marie Christine nahmen Josephs Dekrete zurück und wurden dafür gefeiert.
Preußische Agenten unterstützten den Widerstand, der sich ab Juli 1789 ausweitete. Gent, Flandern und der Hennegau gingen verloren, die habsburgische Herrschaft befand sich in Auflösung. Angespornt durch die Französische Revolution verkündeten die aufständischen Provinzen am 11. Jänner 1790 den Zusammenschluss zu den Vereinigten Belgischen Staaten ("États belgiques unis") und arbeiteten eine Verfassung aus.
Nach Josephs Tod handelte sein Nachfolger Leopold, der sich schon zuvor kritisch über die Niederlande-Politik seines Bruders geäußert hatte, die Rückkehr zum altem Status aus. Im Dezember 1790 waren die Niederlande wieder unter habsburgischer Kontrolle, die Aufständischen wurden amnestiert. Doch der Beginn des ersten Koalitionskrieges gegen Frankreich war das Ende für die habsburgische Herrschaft in den Niederlanden. Albert von Sachsen-Teschen unterlag in der Schlacht von Jemappes am 6. November 1792 den Franzosen, die rasch das ganze Land bis zur Maas eroberten – der erste von vielen habsburgischen Gebietsverlusten. Am Wiener Kongress wurden die Niederlande nicht mehr von den Habsburgern beansprucht, sie waren aber ein wichtiges Tauschobjekt gegen andere Gebiete.