Konsum fand Stadt – Die Residenzstadt als 'Konsumstadt'

Wien, Mariahilfer Straße. Fotografie, um 1908

Warenhäuser am Wiener Stephansplatz, Fotografie um 1909

"Man gönnt sich ja sonst nichts", könnte das Motto der WienerInnen gewesen sein, denn nicht ohne Grund boomte die Wiener Luxusbranche.

Wien, Mariahilfer Straße. Fotografie, um 1908

Warenhäuser am Wiener Stephansplatz, Fotografie um 1909

Wien war nicht nur Haupt- und Residenzstadt des Habsburgerreiches, sondern vor allem auch 'Konsumstadt'. Hier residierte die kaiserliche Familie samt Hofstaat, die beide versorgt werden mussten, auch wenn seit dem Vormärz ein scheinbar einfacher Lebensstil als besondere Herrschertugend gepriesen wurde. Der Hof fungierte als Anziehungspunkt in Sachen Konsum, weil der Adel mit seinem aufwändigen Lebensstil dessen Nähe suchte.

Da Wien auch Finanz-, Handels- und Verwaltungszentrum war, konzentrierten sich hier die höchsten Einkommen, zum Beispiel von Unternehmern, Bankiers oder hohen Beamten der 'zweiten Gesellschaft'. Die finanzkräftigen Schichten kauften teure und exklusive Waren und zogen damit die Produktion und den Handel von Luxusgütern an. Wie eng der Hof und Wiens Status als 'Konsumstadt' zusammenhingen, verdeutlicht das Beispiel des Tuchhändlers Wilhelm Jungmann & Neffe (gegründet 1866), der Seiden- und Wollstoffe im Angebot hatte: Er wurde zum Hoflieferanten ernannt und Kaiserin Elisabeth bestellte erlesene Stoffe bei ihm. Beides bewog auch Mitglieder des Adels und Bürgertums zum Kauf bei dieser Firma. Neben den teuren Textilien wurden kostspielige Produkte wie Schmuck, Möbel und Porzellan des Wiener Kunsthandwerks nachgefragt.

Die Konsum- und Luxusgüterproduktion der Stadt orientierte sich an ausländischen Vorbildern und wies eine derart breite Produktpalette auf, dass Wien den Ruf als "Stadt des guten Geschmacks" erhielt. Versorgt werden mussten jedoch auch die ärmeren Bevölkerungsschichten. Dass der Großteil ihrer Einkünfte für Lebensmittel aufgewendet wurde, macht deutlich, wie ungleich Konsummöglichkeiten verteilt waren.

Christina Linsboth