Im Schatten kaiserlichen Glanzes – Des Kaisers liebe Not mit dem Personal

Theo Zasche: Gläserauspackung nach einer Hofreise, Zeichnung, 1898

Artur Halmi: Ischl: Vor der Ankunft des Hofes, Zeichnung, 1898

Theo Zasche: Im Bureau des ersten Hofrathes Wetschl, Zeichnung, 1898

Theo Zasche: Holzträger Franz Meidl, Zeichnung, 1898

Theo Zasche: Ein ermüdeter Gast des Hofballes, Zeichnung, 1898

Der Wiener Hof wurde von kritischen Zeitgenossen Franz Josephs als erstarrtes, in seiner Geschichte gefangenes Relikt gesehen. Eine derart auf Wahrung der Tradition programmierte Organisation wie der habsburgische Hof hatte naturgemäß ein Problem mit notwendigen Modernisierungen. In den Weiten der Hofburg hatten sich jedoch einige Missstände eingenistet.

Theo Zasche: Gläserauspackung nach einer Hofreise, Zeichnung, 1898

Artur Halmi: Ischl: Vor der Ankunft des Hofes, Zeichnung, 1898

Theo Zasche: Im Bureau des ersten Hofrathes Wetschl, Zeichnung, 1898

Theo Zasche: Holzträger Franz Meidl, Zeichnung, 1898

Theo Zasche: Ein ermüdeter Gast des Hofballes, Zeichnung, 1898

Franz Joseph war durch finanzielle Engpässe und politische Veränderungen, die man nicht mehr ignorieren konnte, schließlich gezwungen, Reformen durchzuführen. Gleich zu Beginn der Regentschaft schritt Franz Josephs zu einer durchgehenden Reform des Hofwesens.

Die Missstände, die es zu beseitigen galt, waren Verschwendung, Unterschleif und Korruption: Massenweise verschwanden Lebensmittel, angeblich beschädigtes Inventar, das danach "ausgemustert" wurde, ging in Besitz der Angestellten über, was von diesen weidlich ausgenützt wurde. Hofbedienstete ließen sich gratis mit Hofwagen durch die Gegend führen. Es wurde ein enormer Missbrauch mit kostenlosen Dienstwohnungen mittels illegaler Untervermietung getrieben. Kurz: enorme Summen wurden verschlungen, Geld, das jedoch an anderen Stellen fehlte.

Das größte Problem war die fehlende Koordination, die einzelnen Dienststellen gaben sich widersprechende Anweisungen. Es herrschte unverhohlener Nepotismus bei der Postenvergabe, nicht Qualifikation, sondern Beziehungen waren ausschlaggebend. Bereicherung am Hofvermögen wurde als Kavaliersdelikt gesehen, und in den unteren Dienstklassen wurde für jeden Handgriff ungeniert Trinkgeld verlangt.

Das Ergebnis der Reformen war eine Neustrukturierung der Organisation. Der Obersthofmeister war nun der oberste Manager des Hofes, alle anderen Stäbe waren ihm untergeordnet. Eine gestraffte Verwaltung samt durchgängiger Dokumentation von Vorgängen zwecks Nachverfolgung führte zu mehr Effizienz und Kontrolle.

Besonders streng verfuhr man mit den leitenden Chargen adeliger Herkunft, da Franz Joseph hier kompromisslose moralische Maßstäbe ansetzte: Adelige Geburt war für ihn nicht nur Privileg, sondern auch Auftrag. Der größte Skandal unter Franz Joseph war der Selbstmord des Oberstküchenmeisters Graf Wolkenstein, der, nachdem in seiner Dienststelle massive Unterschlagungen aufgedeckt wurden, mit der Schmach nicht mehr leben konnte.

Toleranter war er bei einfachen Dienern, deren harter und monotoner Arbeitsalltag ihm durchaus bewusst war. Überforderte oder ungeeignete Angestellte, ja selbst Personal, dem Unterschlagungen nachgewiesen werden konnten, wurden nicht entlassen, sondern versetzt oder als strengstes Disziplinierungsmittel bei einem Drittel des aktiven Gehalts pensioniert.

Dies war bezeichnend für das patriarchalische Verständnis Franz Josephs vom Hof als "Hoffamilie", zu der alle, die unter dem Dach des Kaisers lebten, gehörten – im Guten wie im Schlechten …

Martin Mutschlechner