Von Mägden und Tagelöhnern, Handwerkern und 'Unbehausten' – Soziale Gruppen im ländlichen Raum

Roelant Savery: Bettlerin in einem verfallenen Innenhof, um 1607/08

Am Land lebten nicht nur Bauern. In der Landwirtschaft waren Knechte, Mägde und TagelöhnerInnen tätig. Außerhalb der Landwirtschaft lebten und arbeiteten Handwerker, Bergleute und 'Unbehauste'.

Roelant Savery: Bettlerin in einem verfallenen Innenhof, um 1607/08

Die bäuerliche Bevölkerung war im Spätmittelalter keine einheitliche soziale  Gruppe, denn der kleinen Gruppe an Wohlhabenden standen jene gegenüber, die mittlere, kleine oder sogar kleinste landwirtschaftliche Flächen bewirtschafteten. Zu einem (groß)bäuerlichen Haushalt gehörte außerdem das Gesinde, also Knechte und Mägde, die gegen Lohn, Kost, Unterkunft und teilweise auch Kleidung arbeiteten. Wenn Knechte und Mägde das Arbeitsverhältnis, das meist auf ein Jahr befristet war, unbegründet früher beendeten, verloren sie häufig ihren gesamten Lohn. Gleichzeitig durften sie aber auch von den Bauern nicht ohne Grund entlassen werden. Das Gesinde setzte sich hauptsächlich aus nicht erbberechtigten Kindern von Bauern, unverheirateten Leuten, darunter uneheliche Kinder von DienstbotInnen zusammen. Besonders zu Erntezeiten wurden TagelöhnerInnen beschäftigt, die im Winter allerdings nur wenig Arbeit fanden und oft betteln mussten. Ihre Entlohnung war obrigkeitlich festgelegt und variierte nach Tätigkeit und Geschlecht, wobei Frauen schlechter bezahlt wurden.

Neben der bäuerlichen Bevölkerung lebten auch Landhandwerker, die sich – oft mit einem Fuß in der Landwirtschaft – zum Unmut der städtischen Handwerker zusehends selbstständig machten. Handwerkliche Tätigkeiten boten beispielsweise den nicht erbberechtigen Söhnen von Bauern eine Erwerbsmöglichkeit.

Regional unterschiedlich gab es am Land auch Bergleute, deren Löhne festgelegt waren und bei denen es eine ausgeprägte soziale Differenzierung gab. Zu den außerbäuerlichen Gruppen gehörten auch die 'Unbehausten', die aufgrund mangelnder eigener Unterkunft umherzogen. Zur dieser gesellschaftlichen Randgruppe zählten insbesondere Menschen, die durch Kriege, Krankheiten, geistige oder körperliche Gebrechen, Missernten, Hungersnöte und handwerkliche Krisen zum Wandern gezwungen waren. Aber auch Gesellen und DienstbotInnen auf Arbeitssuche, Akrobaten und Spielleute, 'Zahnärzte', Prostituierte und aus dem gesellschaftlichen Verband ausgestoßene ledige Mütter zogen umher.

Christina Linsboth