Karl II.: Der letzte spanische Habsburger

Juan Carreño de Miranda: König Karl II. von Spanien

Karl II. war der letzte spanische Herrscher aus dem Haus Habsburg. Der König gilt als Zerrbild des Verfalls Spaniens und als prototypisches Produkt dynastischer Inzucht.

Juan Carreño de Miranda: König Karl II. von Spanien

Die prekäre Situation der spanischen Habsburger, die aufgrund fehlender männlicher Nachfolger am Rande des Aussterbens standen, manifestierte sich in Gerüchten, es handle sich bei dem von den Folgen massiver Inzucht gezeichneten Sohn um eine Tochter, die man aus Panik vor dem Ende der Dynastie als Knaben ausgegeben hätte.

Der Königssohn bot einen erbarmungswürdigen Anblick, seine schwache Gesundheit ließ die Dynastie um sein Überleben zittern. Karl war von nahezu bizarrer Hässlichkeit: die klassische habsburgische Physiognomie – Vorbiss und längliche Schädelform – war bei ihm fast zur Karikatur verstärkt.

Körperlich derart gezeichnet, wurde sein bemitleidenswerter Zustand im Aberglauben der Zeit auch von manchen als Verhextheit gedeutet. Zu den ergebnislosen medizinischen Heilungsversuchen gesellten sich auch magische Praktiken sowie kirchliche Exorzismen.

Der Prinz wurde als Kind mit dem Hinweis auf seine Schwäche – er litt an einem angeborenen Herzfehler – übermäßig geschont. Er lernte erst spät Lesen und Schreiben und wurde zeitlebens von höherer Bildung ausgeschlossen, so dass er als Erwachsener von den Regierungsgeschäften ferngehalten wurde. Sein Verhalten war von Geistesschwäche und Infantilität geprägt. So liebte er es, Dinge abzuzählen, was ihm große Freude und Beruhigung brachte.

Karls tatsächlicher Zustand ist aus heutiger Sicht schwierig zu beurteilen. Er hätte einer gewissenhaften Führung bedurft, die er aber von seiner Umgebung nicht erhalten hatte, denn verschiedene Gruppierungen bei Hofe hatten größtes Interesse an einem schwachen König. Karl stand zeitlebens unter wechselndem Einfluss konkurrierender Parteiungen, die alle jedoch im Bestreben vereint waren, den König für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Und Karl war leicht zu beeinflussen: er folgte stets den Einflüsterungen seiner Umgebung, in deren Abhängigkeit er verharrte. Zunächst hatten seine Mutter und deren Ratgeber, der Jesuit und Beichtvater Pater Nithard, sowie später der Erste Minister Fernando Valenzuela den größten Einfluss auf den labilen König. Später wurde Karls Halbbruder Don Juan José, aus einer außerehelichen Beziehung seines Vaters zur Schauspielerin Maria Calderón entstammend, eine wichtige Bezugsperson. Aber auch von diesem wurde der König als Instrument für dessen Ambitionen missbraucht.

Karl sollte laut Testament seines Vaters Philipp IV. bei der Erreichung des 14. Geburtstages für großjährig erklärt werden und die Regierung übernehmen. Karls Mutter, die Königin-Witwe Maria Anna, wollte dies verhindern mit der Begründung, ihr Sohn wäre geistig und körperlich noch nicht reif für die große Verantwortung. Karl, beeinflusst von der Opposition, verweigerte jedoch zunächst seine Unterschrift unter die Abmachung, die die Großjährigkeitserklärung für zwei Jahre verschieben sollte. Er konnte erst nach energischem Zureden der Mutter dazu bewogen werden.

Nachdem er schließlich 1675 die Großjährigkeit erreicht hatte, geriet er in den Einflussbereich seines Halbbruders Juan José, der nach seiner Rückkehr an den Hof aus der Verbannung die Partei der Königin-Witwe entmachtet und die Regierung durch einen – modern ausgedrückt – Militärputsch übernommen hatte.

Bis zu seinem Tod 1679 führte Don Juan José die Regierungsgeschäfte im Namen Karls. Er förderte die Entwicklung des schwachen Bruders, und eine Besserung schien sich einzustellen. Als Resultat seiner Annäherungspolitik an Frankreich vermittelte er Karls Heirat mit der französischen Prinzessin Marie Louise von Orléans.

Nach dem plötzlichen Tod Don Juan Josés kam Karl wieder unter den Einfluss der Mutter. Auch Karls zweite Gattin, Maria Anna von Pfalz-Neuburg, beeinflusste den König zu ihren Gunsten, der zu einem reinen Statisten im Machtstreit zwischen Mutter und Gattin degradiert worden war. 

Martin Mutschlechner