Franz II./I.: Ein schwieriger Start

Kaiser Franz II./I. und Familie, um 1810, kolorierter Druck, eingelegt in die Arbeitsplatte eines Stehpultes

Franz übernahm den Thron 1792 in einer schwierigen Phase: Die Französische Revolution erschütterte Europa. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt erklärte das revolutionäre Frankreich Österreich den Krieg.

Kaiser Franz II./I. und Familie, um 1810, kolorierter Druck, eingelegt in die Arbeitsplatte eines Stehpultes

Es begann der Erste Koalitionskrieg, der bis 1797 dauern sollte. In diese Zeit fällt auch die Hinrichtung des entmachteten französischen Königspaares: 1793 starb Marie Antoinette, die Tante von Franz, unter der Guillotine.

All dies bestärkte die konservative Grundeinstellung des jungen Kaisers. Er sah in den Ideen der Aufklärung eine Gefahr für die staatliche Ordnung. 1794 ging Franz mit größter Härte gegen liberale Intellektuelle vor, die sich in der sogenannten „Jakobinerverschwörung“ gegen die habsburgische Staatsmacht engagiert hätten. Dies hatte verschärfte polizeiliche Maßnahmen und eine massive Zensur zur Folge, die die Freiheiten der josephinischen Reformperiode auf dem Gebiet des Presse- und Verlagswesens rückgängig machten.

Außenpolitisch mehr oder weniger getrieben, blieb Franz nicht allzuviel Handlungsspielraum. Neben anfänglichen Gebietsgewinnen – 1795 erhielt Österreich Westgalizien als Resultat der Dritten polnischen Teilung zugesprochen, als das historische Königreich Polen zwischen den konservativen Großmächten Preußen, Österreich und Russland gänzlich aufgeteilt wurde und von der Landkarte verschwand – musste die Habsburgermonarchie durch den Frieden von Campo Formio 1797 Gebietsabtretungen hinnehmen. Der Verlust der reichen Provinzen der österreichischen Niederlande und der Lombardei sowie des historischen habsburgischen „Außenpostens“ des schwäbischen Breisgaus konnte durch den Gewinn Venetiens und Dalmatiens nur bedingt aufgewogen werden.

Eine weitere kriegerische Auseinandersetzung mit Frankreich im Zweiten Koalitionskrieg von 1799 bis 1801 zeigte rasch die Grenzen der österreichischen Großmachtbestrebungen auf. Im Frieden von Lunéville musste sich die Habsburgermonarchie als aktive Kriegsmacht geschlagen geben. In dem genialen Feldherren Napoleon fand Franz einen übermächtigen Gegner.

Noch stärker am Selbstverständnis des Habsburgers rüttelte der beginnende Zerfall des Heiligen Römischen Reiches, als dessen traditionelles Oberhaupt sich die Dynastie seit Generationen fühlte. Die massiven Veränderungen in der politischen Landschaft Europas ließen das historische Reich mehr als zuvor als Anachronismus erscheinen. Zunächst kam es zu einschneidenden Umstrukturierungen im Reich: Die geistlichen Fürstentümer wurden säkularisiert und der Großteil der Kleinstaaten, die die Reichsidee am Stärksten verkörperten, verlor seine Souveränität und wurden mächtigeren Nachbarn zugeschlagen (Reichdeputationshauptschluss von 1803).  Dies geschah gegen den Willen des habsburgischen Kaisers, dessen Machtlosigkeit in Fragen der Reichspolitik somit offenbar wurde. Als in der Folge die Mehrzahl der deutschen Fürsten sich unter französischer Initiative zum Rheinbund zusammenschlossen und die französische Dominanz die Kaisermacht aushöhlte, war das Ende des Heiligen Römischen Reiches gekommen. Franz legte am 6. August 1806 die Kaiserkrone nieder und erklärte das Reich für erloschen. 

Martin Mutschlechner