Erzherzog Karl Ludwig: ein Habsburger aus der zweiten Reihe

Ludwig Angerer: Die Allerhöchste Kaiserfamilie, Fotografie, 1859

Karl Ludwig gilt als geist- und farbloser Vertreter des Hauses Habsburg. Seine Biographie wäre an sich von geringem Interesse, wäre er nicht – da Kaiser Franz Joseph ohne überlebende direkte männliche Nachkommen blieb – der Stammvater der nunmehrigen Hauptlinie der Familie.

Ludwig Angerer: Die Allerhöchste Kaiserfamilie, Fotografie, 1859

Der Erzherzog kam am 30. Juli 1833 als dritter Sohn von Erzherzog Franz Karl und Sophie von Bayern in Wien zur Welt. Der Erzherzog galt als geistig schlicht und stand zeitlebens im Schatten seiner älteren Brüder Franz Joseph und Ferdinand Maximilian (dem späteren Kaiser von Mexiko). Karl Ludwig durchlief wie alle nachgeborenen Söhne der Dynastie eine militärische Laufbahn, worin er aber weder besonderes Interesse noch eine besondere Begabung zeigte.

Berüchtigt war Karl Ludwig für seine erzkonservative Einstellung. Einige Jahre hatte er  das Amt eines Statthalters in Tirol und Vorarlberg inne, wo er sich als deklarierter Vertreter antiliberaler und klerikaler Strömungen positionierte. Später trat von diesem Amt zurück und übernahm keine politischen Funktionen mehr.

Karl Ludwig ist auch unter seinem Spottnamen „Ausstellungs-Erzherzog“ bekannt: Nicht aufgrund einer besonders ausgeprägten Leidenschaft für Kunst und Wissenschaft, sondern weil er als Vertreter seines kaiserlichen Bruders bei derartigen Veranstaltungen die Patronanz übernahm und als habsburgischer Aufputz bei Eröffnungen in Erscheinung trat. Er war u. a. auch Protektor des Künstlerhauses, einer Vereinigung der in der Akademie der bildenden Künste verankerten Künstler.

Seine dogmatische Treue zur Katholischen Kirche wurde ihm von seiner Mutter vermittelt, war bei ihm aber selbst für habsburgische Verhältnisse überdurchschnittlich stark ausgeprägt. In späteren Jahren steigerte sich seine extreme Religiosität zur Bigotterie. Der im Alter etwas wunderlich gewordene Kaiserbruder soll zum Beispiel respektvoll grüßenden Passanten aus seinem Wagen heraus den Segen gespendet haben.

Karl Ludwig starb am 19. Mai 1896 an den Folgen einer schweren Infektion, die er sich bei einer Pilgerreise ins Heilige Land geholt hatte, als er Wasser aus dem Jordan getrunken hatte.

Martin Mutschlechner