Die Kunstkammer auf Schloss Ambras
Die berühmte Ambraser Sammlung Ferdinands von Tirol war – wie auch jene Rudolfs II. – eine Kunst- und Wunderkammer. Neben einer Waffen- und Harnischsammlung gab es Exotika und Naturalien zu bestaunen.
Ferdinand ließ die mittelalterliche Burg in Ambras zeitgemäß adaptieren und 1570/71 Zubauten für seine Sammlungen und eine umfangreiche Bibliothek errichten.
In der Renaissance setzte ein vermehrtes Interesse für den einzelnen Menschen und seinen Körper ein. Dementsprechend erstellte Ferdinand eine Porträtsammlung, die nicht nur die Bilder von Vorfahren und Angehörigen fürstlicher Familien erfasste, sondern auch berühmter Persönlichkeiten aus Gegenwart und Vergangenheit – von Künstlern, Dichtern und Denkern, Eroberern, berühmten Frauen und Wundermenschen. Eine solche Porträtsammlung stellte eine Neuheit dar. Etwa 1.000 kleinformatige Gemälde sind heute in der Münzsammlung des Kunsthistorischen Museums zu sehen.
Die Leidenschaft für „Kuriosa“ beschränkte sich nicht nur auf Bilder – viele Fürstenhöfe zählten Zwerge, Narren, „Mohren“ und Türken (die aufgrund ihrer nichtchristlichen Religion zu den Narren gerechnet wurden) zum Hofstaat. Der ,Besitz‘ von ungewöhnlichen Menschen steigerte den Ruf eines Fürstenhofes und belegte die weitreichenden Verbindungen des Herrschers. Riesen und Zwerge galten als Spielereien der Natur – auch in Ambras gab es kleinwüchsige Menschen.
Die Kunstkammern waren ein Anziehungspunkt für europäische Fürsten und gebildete Reisende, insbesondere jene Erzherzog Ferdinands in Ambras, wo seit dem frühen 17. Jahrhundert institutionalisierte Führungen veranstaltet wurden und die berühmte BesucherInnen wie Michel de Montaigne, Königin Christina von Schweden oder Johann Wolfgang von Goethe anlockte.
In der Ambraser Kunstkammer wurden Kunstwerke gleichrangig neben Naturalien gezeigt. Die Aufstellung erfolgte nach Materialkriterien – teils entschied das Material der Fassung über den Aufbewahrungsort. Von der Decke hingen präparierte Tiere. Die Gegenstände waren so ausgerichtet, dass sie bei den BetrachterInnen Verunsicherung und Staunen, auch über die Fülle des Dargebotenen, hervorrufen sollten.