Rudolf II. und die Frage der Nachkommenschaft

Bartholomäus Spranger: Allegorie auf Kaiser Rudolf II., 1592

Rudolf weigerte sich beharrlich, die von ihm verlangte dynastische Verbindung mit einer nahen Verwandten aus der spanischen Linie einzugehen. Das Fehlen legitimer Nachkommen erschütterte seine Position im habsburgischen Familienverband nachhaltig.

Bartholomäus Spranger: Allegorie auf Kaiser Rudolf II., 1592

Sämtliche Versuche einer Vermählung mit der für Rudolf ausersehenen spanischen Habsburgerin verliefen im Sand. Infantin Isabella (1566–1633), eine Tochter König Philipps II. und Cousine ihres designierten Bräutigams, war seit ihrem zweiten Lebensjahr Rudolf versprochen. Da Rudolf aber keine Bereitschaft zu einer Eheschließung  zeigte, wurde sie schließlich mit dessen jüngerem Bruder Albrecht vermählt, was diesem die Statthalterschaft in den Niederlanden eintrug.

Rudolf lebte jedoch deshalb nicht in Enthaltsamkeit. Er unterhielt eine langjährige Beziehung mit Katharina Strada, der Enkelin des Kunsthändlers Jacopo da Strada. Mit ihr hatte Rudolf einige uneheliche Kinder: bis zu drei Söhne und drei Töchter werden in den Quellen angeführt.

Das Leben von Don Julius d’Austria (1585 oder 1586–1609), des ältesten Sohnes aus dieser Beziehung, ist aufgrund der tragischen Umstände nicht völlig im Dunkel der Geschichte versunken. Der illegitime Kaiserspross lebte auf Schloss Krumau in Südböhmen, wohin er aufgrund seines seltsamen Verhaltens gebracht wurde. Die psychotischen Anfälle des Jünglings wurden immer schlimmer: Seine Schreie hallten in der Nacht durch das Schloss, seine Umgebung wurde von seinem aggressiven Verhalten abgeschreckt. Im Oktober 1607 kam es zu einer dramatischen Zuspitzung, als er seine Geliebte, Margarete Pichler, die Tochter des lokalen Baders, mit Stichwunden schwer verletzt aus dem Fenster seines Schlafzimmers warf. Das Mädchen überlebte den Sturz und flüchtete zu ihrem Vater. Julius erzwang jedoch ihre Rückkehr, indem er den Vater einkerkern ließ. Kurz darauf ermordete er sie in einer Psychose und verstümmelte ihren Leichnam. Weitere Anfälle von Zerstörungswut folgten, sodass er in seinem Zimmer eingeschlossen wurde. Der Tobende ließ niemanden an sich heran, verweigerte die Körperhygiene und starb vollkommen verwahrlost und dem Wahnsinn verfallen im Jahre 1609. Der Vorfall ging in den lokalen Legendenschatz ein. 

Martin Mutschlechner