Leopold II.: Erstens kommt es anders …

A. Bencini: Maria Theresia als Witwe, Leopold II. und seine Gattin Maria Ludovica sowie zwei ihrer Kinder, Gouache, 1768

Dass Erzherzog Peter Leopold als dritter Sohn Maria Theresias einmal Kaiser werden würde, war nicht vorherzusehen.

A. Bencini: Maria Theresia als Witwe, Leopold II. und seine Gattin Maria Ludovica sowie zwei ihrer Kinder, Gouache, 1768

Der spätere Kaiser Leopold II. wurde am 5. Mai 1747 als neuntes Kind von Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Franz Stephan geboren. Das Kind wurde auf den Namen Peter Leopold getauft, denn seine Patin war die russische Zarin Elisabeth Petrowna, wodurch sich der im Haus Habsburg ungewöhnliche Erstname Peter erklärt. Der Erzherzog  wurde jedoch in der Familie durchwegs Leopold genannt, auch später als Kaiser wählte er seinen Zweitnamen.

Dass Peter Leopold einst Kaiser werden würde, war nicht vorauszusehen, denn er war der drittgeborene Sohn. In Konkurrenz mit seinen älteren Brüdern schöpfte er Selbstbewusstsein aus der Tatsache, dass er „im Purpur“ geboren wurde, d. h. dass sein Vater bei Peter Leopolds Geburt bereits die Würde eines Kaisers des Heiligen Römischen Reiches inne hatte, während seine Brüder Joseph (geb. 1741) und Karl Joseph (geb. 1745) bei ihrer Geburt „nur“ Söhne des Großherzogs der Toskana waren.

Peter Leopold hatte als nachgeborener Sohn nur die Hoffnung auf eine Regentschaft in einem Kleinstaat. Seine ihm früh zugesprochene Braut Maria Beatrix sollte ihm als Erbtochter des Hauses d’Este die Herrschaft über den norditalienischen Kleinstaat Modena sichern. Der frühe Tod seines Bruders Karl Joseph 1761 verbesserte seine Chancen, da seine Mutter die Heiratspläne änderte: Peter Leopold sollte die ursprünglich Karl Joseph zugedachte Maria Ludovica von Bourbon, Tochter König Karls III. von Spanien, heiraten und die Anwartschaft auf das Großherzogtum Toskana seines Vaters erhalten.  

Peter Leopold ähnelte in seinem Charakter stark seinem Vater. Die strenge Mutter kritisierte seine Nachlässigkeit in seinem Auftreten sowie seine Abscheu vor dem Zeremoniell. Der Erzherzog galt als leutselig, unkompliziert und sprach breitesten Wiener Dialekt. Es wurde ihm aber auch große Intelligenz und eine rasche Auffassungsgabe attestiert. Er erhielt eine sorgfältige Erziehung im Sinne der Aufklärung mit Schwerpunkt auf Naturwissenschaften und Technik – Interessen, die er mit seinem Vater Franz Stephan teilte.

1765 machte sich die Familie auf nach Innsbruck, wo die Vermählung mit der ihm seit langem versprochenen spanischen Infantin Maria Ludovica stattfinden sollte. Die Hochzeit wurde jedoch vom unerwarteten Tod des Vaters, Franz Stephan überschattet, der während des Aufenthaltes in der Tiroler Hauptstadt an einem Schlaganfall verstarb.

Dadurch wurde Peter Leopold früher als erwartet sein Nachfolger als Regent der Toskana. 

Martin Mutschlechner