Martin van Meytens (Werkstatt): Trauungszeremonie in der Wiener Augustinerkirche 1760, Gemälde, um 1760/65

Jean Marc Nattier der Jüngere: Prinzessin Maria Isabella von Parma, Gemahlin von Joseph II., 1758 datiert

Erzherzogin Isabella: Joseph II. am Wochenbett seiner Gemahlin, Gouache, 1763

vermutlich Martin van Meytens: Porträt Maria Josepha von Bayern, zweite Gemahlin Josephs II., um 1765, Öl auf Leinwand

Joseph II.: Das Liebesleben eines Kaisers

Martin van Meytens (Werkstatt): Trauungszeremonie in der Wiener Augustinerkirche 1760, Gemälde, um 1760/65

Jean Marc Nattier der Jüngere: Prinzessin Maria Isabella von Parma, Gemahlin von Joseph II., 1758 datiert

Erzherzogin Isabella: Joseph II. am Wochenbett seiner Gemahlin, Gouache, 1763

vermutlich Martin van Meytens: Porträt Maria Josepha von Bayern, zweite Gemahlin Josephs II., um 1765, Öl auf Leinwand

Die Verheiratung eines Thronfolgers berührte immer die Interessen der Monarchie, denn die Fortsetzung der Dynastie wollte wohl durchdacht sein. Wie wenig dabei die zwischenmenschliche Komponente zählte, wird am Beispiel der Pläne zur Verheiratung Josephs II. deutlich.

Martin van Meytens (Werkstatt): Trauungszeremonie in der Wiener Augustinerkirche 1760, Gemälde, um 1760/65

Jean Marc Nattier der Jüngere: Prinzessin Maria Isabella von Parma, Gemahlin von Joseph II., 1758 datiert

Erzherzogin Isabella: Joseph II. am Wochenbett seiner Gemahlin, Gouache, 1763

vermutlich Martin van Meytens: Porträt Maria Josepha von Bayern, zweite Gemahlin Josephs II., um 1765, Öl auf Leinwand

Die erste Anfrage für eine Verheiratung für den gerade erst 12 Jahre alten Kronprinzen kam aus Neapel. Das süditalienische Königreich Neapel-Sizilien wurde damals von einer Nebenlinie der Bourbonen beherrscht. Der Plan einer Verbindung der Dynastien der Habsburger und der Bourbonen schien verlockend. Es wäre hier zu einem regelrechten Austausch der Kinder gekommen, denn nicht nur Joseph sollte eine neapolitanische Prinzessin heiraten, sondern der neapolitanische Kronprinz sollte gleichzeitig mit einer habsburgischen Erzherzogin vermählt werden. Die Reaktion aus Wien war positiv, aber abwartend.

Denn kurz darauf, 1755, wurde erstmals über eine Verbindung mit Isabella von Parma (1741–1763) gesprochen. Der Vorschlag kam von Frankreich, denn das norditalienische Herzogtum Parma wurde von einer Sekundogenitur der spanischen Linie des Hauses Bourbon regiert. Die Bourbonen in Parma waren also nur eine Nebenlinie einer Nebenlinie der Bourbonen, und Parma selbst ein unbedeutender Kleinstaat – Isabella jedoch war mütterlicherseits eine Enkelin des französischen Königs Ludwig XV.

Diese Heiratsanbahnung hatte einen handfesten politischen Hintergrund. Im Zuge des „Renversement des alliances“ (dt.: Umkehrung der Allianzen), der diplomatischen Sensation der Regierungszeit Maria Theresias, verbündeten sich die alten „Erbfeinde“ Frankreich und Österreich. Nun sollte das neue Bündnis durch eine Reihe von Eheschließungen zwischen den beiden Dynastien gefestigt werden.

1759 kam es zur öffentlichen Bekanntgabe der Heiratspläne. Joseph und seine gleichaltrige Braut Isabella waren damals 18 Jahre alt.

In Neapel war man zunächst brüskiert, jedoch fand sich ein Weg, die Affäre zu kalmieren. Die neapolitanische Prinzessin Maria Ludovica würde Gemahlin Erzherzog Karl Josephs werden, der als nächstältester Bruder Josephs als präsumtiver Großherzog von Toskana galt, wo eine habsburgische Sekundogenitur entstehen sollte. Auch hier entschied das Schicksal anders, denn Karl Joseph starb bereits 1761 im Alter von nur 16 Jahren. Maria Ludovica wurde an den nächsten Sohn Maria Theresias weitergereicht, Erzherzog Peter Leopold.

Die 1760 erfolgte Heirat zwischen Joseph und Isabella war ein enorm aufwendiges Spektakel, das die ungeschmälerten Ressourcen der sich gerade im Kriegszustand befindlichen Monarchie – die Hochzeit fiel in die Zeit des Siebenjährigen Krieges – publikumswirksam zeigen sollte. Einen Eindruck vom sagenhaften Prunk dieser Hochzeit gibt die berühmte Bilderserie in Schönbrunn, die das letzte große Barockfest in Wien detailliert wiedergibt.

Joseph war von seiner Braut entzückt, Isabella wurde zu seiner großen Liebe – eine Liebe, die von ihrer Seite nicht in gleichem Maß erwidert wurde. Isabella entwickelte eine enge Freundschaft zu Erzherzogin Marie Christine, einer Schwester ihres Gatten. Der erhaltene Briefwechsel zwischen den beiden Frauen zeugt von einem sehr intimen Verhältnis, das an eine lesbische Beziehung denken lässt.

Isabella besaß einen scharfen Intellekt und galt als überdurchschnittlich gebildet. Sie besaß ein – wie man damals sagte – melancholisches Gemüt, scheint von Depressionen und sogar von Todesahnungen geplagt gewesen zu sein.

Sie empfand die ihr zugewiesene Rolle der Ehefrau und Mutter als lästige Pflicht und hatte vor allem Probleme, sich auf ihre Funktion als „Gebärmaschine“ reduziert zu sehen. Josephs Gattin war während ihrer drei Ehejahre fünfmal schwanger. Drei Schwangerschaften endeten vorzeitig in Fehlgeburten. Das einzige überlebende Kind, eine 1762 geborene Tochter, wurde nach der Großmutter Maria Theresia genannt. Eine weitere Schwangerschaft 1763 wurde von einer Pockenerkrankung Isabellas überschattet. Sie gebar ein Mädchen, das unmittelbar nach der Geburt verstarb, und fünf  Tage später starb auch die junge Mutter mit nur 22 Jahren. Für Joseph war dies ein schwerer Verlust.

Josephs älterer Tochter sollte auch kein langes Leben beschieden sein: Sie starb bereits 1770 mit nur acht Jahren, tief betrauert von ihrem Vater, der den Tod seines einzigen vergötterten Kindes kaum überwinden konnte.

Die 1765 von Kaiserin Maria Theresia erzwungene Heirat Josephs mit Maria Josefa von Bayern (1739–1767) wurde ein Desaster. Die zweite Gattin des mittlerweile zum Kaiser aufgestiegenen Habsburgers war eine Tochter des bayrischen Kurfürsten Karl Albrecht und der Habsburgerin Maria Amalie, einer Tochter Kaiser Josephs I. Da der bayrische Kurfürst ohne Sohn geblieben war, versuchte Maria Theresia mit dieser Heirat einen etwaigen Anspruch auf Bayern zu begründen.

Maria Josefa wird als wenig attraktiv und geistreich geschildert, galt aber als herzlich und gutmütig. Sie versuchte vergeblich die Zuneigung Josephs zu gewinnen, wurde von diesem aber konsequent ignoriert. Die Ehe wurde wahrscheinlich niemals vollzogen. Ihrer demütigenden Position am Wiener Hof entkam sie durch einen frühen Tod. 1767, als eine Pockenepidemie zahlreiche Mitglieder der Familie Maria Theresias erfasste, erkrankte auch Maria Josefa und starb unbeachtet von ihrem Gatten.

Der nun zweifache Witwer Joseph widersetzte sich in der Folge energisch jeglichen weiteren Heiratsplänen seiner Mutter.

Das heißt aber nicht, dass Joseph in eremitischer Enthaltsamkeit lebte. Er fand Triebbefriedigung in unzähligen Liebschaften mit Frauen aus den unteren Volksschichten, von denen ganz Wien sprach. So soll Joseph auch zahlreiche uneheliche Kinder gehabt haben. Der Kaiser war auch bekannt dafür, dass er der käuflichen Liebe nicht abgeneigt war, wobei er berüchtigt war, schlecht zu zahlen. Bis heute zeugt davon folgende Inschrift an einer Hauseinfahrt am Wiener Spittelberg, damals ein übel beleumundetes Viertel und das Zentrum des Rotlicht-Milieus der Stadt: “Durch dieses Thor im Bogen kam Kaiser Josef II. geflogen.“ 

Martin Mutschlechner