Maximilian I.: Kunst im Dienste der Politik

"Freydal" Turnierbuch Kaiser Maximilians I.

Wappenturm der Innsbrucker Hofburg, Gemälde, 1768

Blick in das Mittelschiff der Hofkirche mit dem Grabdenkmal Kaiser Maximilians I.

Maximilian war bereits zu Lebzeiten dank seines Auftretens und seiner gekonnt gesteuerten Medienpolitik sehr populär. Bedacht auf seine Inszenierung als glänzende Erscheinung, arbeitete er systematisch an seinen „Memoria“, an der Historisierung seiner Person für die Nachwelt.

Wer sich im Leben kein Gedächtnis macht, der hat auch nach dem Tode kein Gedächtnis und desselben Menschen wird mit dem Glockenton vergessen.

Maximilian I. über die Geschichte

"Freydal" Turnierbuch Kaiser Maximilians I.

Wappenturm der Innsbrucker Hofburg, Gemälde, 1768

Blick in das Mittelschiff der Hofkirche mit dem Grabdenkmal Kaiser Maximilians I.

Zu diesem Zwecke gab er autobiographische Werke heraus: Im Fragment gebliebenen „Weisskunig“ behandelte er romanhaft seine Jugend und im Versepos „Theuerdank“ seine Brautwerbung in Burgund. Seine Leidenschaft für die Welt des ritterlichen Zweikampfes spricht aus dem Turnierbuch „Freydal“. Maximilian war persönlich an der Entstehung dieser Werke beteiligt, die jedoch von Gelehrten seines Umfeldes, in erster Linie ist hier sein Sekretär Marx Treitzsaurwein zu nennen, überarbeitet wurden.

Sein Publikum war die Nachwelt. Maximilians Wahrnehmung durch die Zeitgenossen war unterschiedlich: Während er sich selbst als „Hercules Germanicus“ feiern ließ, wurde er von seinen Gegnern verspottet. Der Florentiner Humanist und Philosoph Machiavelli z. B. attestierte dem Kaiser eine große Liebe zur Kunst und den Wissenschaften und feierte ihn als edelmütigen Feldherrn, der auch gegenüber den Besiegten Gerechtigkeit walten ließe. Jedoch benannte der Italiener auch die Schattenseiten Maximilians, seinen Wankelmut und die Folgen seiner Finanzprobleme, die die kaiserliche Würde beschmutzen würden.

Maximilian nützte geschickt die modernen Medien seiner Zeit wie den Buchdruck und Vorformen der Zeitung in Form von Flugblättern zur gesteuerten Verbreitung von Nachrichten. Der Kaiser lieferte sich mit seinem französischen Gegenspieler, König Karl VIII., nicht nur militärische Konfrontationen, sondern auch mediale Schlachten.

Hierzulande ist Maximilian vor allem als der „letzte Ritter“ bekannt. Er verfolgte eine gekonnte Selbststilisierung als Verkörperung des mittelalterlichen Ideals. Ihn deshalb als Charakter des Mittelalters zu reduzieren, ist etwas zu kurz gegriffen. Maximilian war eine typische Gestalt der Umbruchszeit zwischen Mittelalter und Renaissance. Seine Biografen erkennen in seiner Persönlichkeit sowohl moderne als auch archaische Elemente. Sein „Ritterkult“ zielte auf ein Aufleben mittelalterlicher Traditionen in neuem Gewand. Der ritterlicher Verhaltenskodex prägte ihn ebenso wie seine Aufgeschlossenheit gegenüber modernen Methoden in Verwaltung und technischen Neuerungen im Kriegswesen (Stichwort Artillerie und Landsknechtwesen).

Maximilian verfügte über einen politisch wie geographisch weiten Bewegungsradius. Als Herrscher seiner über West- und Zentraleuropa verstreuten Territorien war er ständig unterwegs zwischen Burgund, den Alpenländern und Norditalien. Seine bevorzugte Residenz in den österreichischen Erbländern war neben Wiener Neustadt vor allem Innsbruck. Die Innsbrucker Hofburg wurde großzügig ausgebaut. Heute sind davon nur mehr Reste zu erkennen, denn der spätgotische Charakter der Anlage fiel im 18. Jahrhundert den Umbauten Maria Theresias zum Opfer. Neben der geopolitischen Lage Tirols an der Schnittstelle zwischen Nord und Süd waren auch die reichen Silberbergwerke mit der Bergbaustadt Schwaz im Zentrum ein Anreiz für den stets in Geldnöten befindlichen Herrscher. Tirol erlebte unter Maximilian eine Blütezeit. Das reiche architektonische und künstlerische Erbe der Spätgotik ist bis heute prägend für die Region. Die historische Figur Maximilians ist im Alpenland bis heute populär und im lokalen historischen Bewusstsein stark verankert.

Ein Schwerpunkt in Maximilians Öffentlichkeitsarbeit war sein ambitioniertes genealogisch-heraldisches Programm. Für dessen Verbreitung nützte er die modernen Medien seiner Zeit, indem er zum Zwecke der Visualisierung von Herrschaftsansprüchen Druckwerke in Auftrag gab, die leicht zu vervielfältigen waren. In Anlehnung an die antiken Huldigungszüge der Cäsaren veröffentlichte er seinen „Triumphzug“, der niemals tatsächlich stattfand, sondern eine aufwendige graphische Druckserie von Holzschnitten darstellt.

Ein druckgraphisches Meisterwerk ist die „Ehrenpforte“ in Form eines antiken Triumphbogens, das unter maßgeblicher Mitarbeit des Allroundkünstlers am Hofe Maximilians, Jörg Kölderer, sowie von Albrecht Dürer und Albrecht Altdorfer entstanden war. Es ist dies ein großformatiges Werk, das in kolorierter und vergoldeter Ausführung als Statement der monarchischen Ansprüche des Habsburgers an andere Höfe verschickt wurde. Weiters startete Maximilian auch das Projekt eines illustrierten Prachtwerks der Deutschen Geschichte, das jedoch nicht über die Vorarbeiten hinaus gedieh, und ließ auch genealogische Abhandlungen erstellen, die ihn in eine fiktive Ahnenreihe einbetteten, die bis zu Noah zurückreichte.

Eine architektonische Realisierung all dessen ist das heute als Wahrzeichen Innsbrucks geltende „Goldene Dachl“, eine mit Anspielungen auf das monarchische Programm des Habsburgers verzierte Hofloge mit perfektem Blick auf den Hauptplatz der Stadt. Nicht mehr in ursprünglicher Form erhalten ist der Wappenturm, der als Teil der Innsbrucker Hofburg ebenfalls der Darstellung des maximilianischen Herrschaftsprogramms diente.

Ebenfalls in Innsbruck befindet sich das größte Projekt Kaiser Maximilians auf dem Gebiet der Bildenden Künste, sein monumentales Grabdenkmal in der Innsbrucker Hofkirche. Es handelt sich hier nicht um ein Grabmal (bekanntlich ist Maximilian nicht dort begraben, sondern in Wiener Neustadt), sondern um eine bildhafte Darstellung des ideologischen Programms der Dynastie, die sich gerade aus einer regionalen Kraft zu einer bestimmenden Macht in Europa entwickelt hatte. Das volkstümlich als „Schwarze Mander“ bezeichnete Statuenprogramm zeigt eine Ahnenreihe von realen aber auch fiktiv-ideellen Vorfahren des Habsburgers. Begonnen 1502 erlebte Maximilian die Fertigstellung nicht mehr. Seine Enkel und Urenkel vollendeten bis 1584 das bedeutende Werk.

Kaiser Maximilian starb im oberösterreichischen Wels. Sein Tod war ein bewusstes Sterben, denn er traf bereits lang davor Vorkehrungen für sein Ableben: So führte er in den letzten vier Jahren seines Lebens seinen Sarg ständig mit sich und gab genaue Anweisungen wie mit seinem Leichnam vorgegangen werden sollte. Er wollte als armer Sünder ohne Prunk beigesetzt werden und wünschte keine Einbalsamierung. Der Leiche sollten die Haare geschoren und die Zähne ausgebrochen werden. Als Ausdruck seiner Reue vor der Sündhaftigkeit seines irdischen Daseins befahl er außerdem, dass sein toter Körper gegeißelt werden sollte. Begraben wurde Maximilian unter dem Hochaltar der Georgskapelle in der Wiener Neustädter Burg. 

Martin Mutschlechner