Johann Baptist Hoechle und Hoftheater-Dekorateur Janitz: Marschall Berthier hält im Namen Napoleon Bonapartes um die Hand der Erzherzogin Marie Louise an, Gemälde, 1813/14

Marie Louise – die brave Tochter als Opfer der Politik

Johann Baptist Hoechle und Hoftheater-Dekorateur Janitz: Marschall Berthier hält im Namen Napoleon Bonapartes um die Hand der Erzherzogin Marie Louise an, Gemälde, 1813/14

Die später als Marie Louise, der französischen Version ihres Namens, bekannt gewordene Erzherzogin Maria Ludovica wuchs in einer turbulenten Zeit auf. Die Herrschaft ihres Vaters, Kaiser Franz II./I., wurde durch die Erschütterungen im Machtgefüge Europas im Gefolge der Französischen Revolution gefährdet.

Johann Baptist Hoechle und Hoftheater-Dekorateur Janitz: Marschall Berthier hält im Namen Napoleon Bonapartes um die Hand der Erzherzogin Marie Louise an, Gemälde, 1813/14

Die heranwachsende Erzherzogin erlebte die habsburgische Monarchie im dauernden Kriegszustand mit Frankreich. Erzogen nach streng katholischen und antiliberalen Grundsätzen, empfand Maria Ludovica die revolutionären Ideen, die mit den französischen Truppen durch ganz Europa getragen wurden, als Bedrohung.

Die erstgeborene Tochter Kaiser Franz’ II./I. aus seiner Ehe mit Maria Theresia von Neapel-Sizilien kam am 12. Dezember 1791 in Wien zur Welt. Sie galt als fügsames Geschöpf und entsprach dem Ideal der “gehorsamen Tochter“. Maria Ludovica besaß einen eher unscheinbaren Charakter und zeigte kein besonderes Talent.

1809, im Alter von 18 Jahren, geriet sie jedoch in den Strudel der großen Politik. Sie wurde von Staatskanzler Metternich als geeignete Braut für Napoleon ausgewählt. Der Hintergrund dieser Absprache zwischen Napoleon und dem Wiener Hof war, dass der Kaiser der Franzosen plante, eine eigene Dynastie zu begründen. Da seine Gemahlin Joséphine de Beauharnais keine Kinder mehr bekommen konnte, ließ er sich von ihr, der großen Liebe seines Lebens, kurzerhand scheiden. Napoleon suchte nun eine Braut aus einem alten Herrscherhaus, die die würdige Stammmutter seiner Dynastie werden sollte. Nachdem seine Bemühungen um die Hand der russischen Zarentochter, Großfürstin Katharina, erfolglos geblieben waren, rückte Marie Louise in das Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Ihr Vater Kaiser Franz war zunächst gegen die Verbindung, opferte seine Erstgeborene dann aber aus Staatsräson den Plänen Napoleons und Metternichs, der von den politischen Vorteilen dieser Eheschließung überzeugt war.

Marie Louises zukünftiger Gemahl Napoleon, dem sie zum Entsetzen der gesamten Familie versprochen wurde, war in ihren Augen der leibhaftige Teufel und die Verkörperung all dessen, was ihr von Kindheit an als verabscheuungswürdig vermittelt worden war. Da die Scheidung Napoleons von seiner ersten Gemahlin Joséphine de Beauharnais von der katholischen Kirche nicht anerkannt wurde, war Marie Louises Großmutter mütterlicherseits, Marie Karoline, eine Tochter Maria Theresias, außer sich: „Der Kaiser wagt es, seine Tochter als eheschänderische Konkubine einem mit allen Verbrechen und Greueln besudelten Manne zu geben!“ Die resolute Habsburgerin bezeichnete sich als „des Teufels Großmutter“ – durch die Heirat ihrer Enkelin wurde sie zur angeheirateten Großmutter des französischen Usurpators. Marie Louise selbst sah darin „eine schlimmere Qual als alle nur denkbaren Martyrien“. 

Martin Mutschlechner