Großherzog Ferdinand III. von Toskana – Ein Regent im Wandel der Zeit

Joseph Dorffmeister: Großherzog Ferdinand III. in seiner Bibliothek sitzend, 1797

Als Ferdinands älterer Bruder Franz vom kaiserlichen Onkel Joseph II. nach Wien geholt wurde, um ihn zum Kaiser und Nachfolger auf dem habsburgischen Thron aufzubauen, eröffnete sich für den zweitgeborenen Ferdinand die Chance, Regent der Toskana zu werden.

Joseph Dorffmeister: Großherzog Ferdinand III. in seiner Bibliothek sitzend, 1797

Ferdinand kam am 6. Mai 1769 als zweiter Sohn Großherzogs Peter Leopold aus dessen Ehe mit Maria Ludovica von Spanien-Bourbon in Florenz zur Welt. Nach dem Wechsel seines Vaters nach Wien – Großherzog Peter Leopold trat als Kaiser Leopold II.  die Nachfolge des kinderlos verstorbenen Josephs II. an – wurde nun der erst 22jährige Ferdinand Herrscher des mittelitalienischen Landes. Zunächst folgte der neue Regent ganz den Fußstapfen seines Vaters, der in der Toskana ein europaweit für Aufsehen sorgendes Reformprogramm im Sinne der Aufklärung begonnen hatte.

In der schwierigen Zeit der Revolutionskriege, die ausgehend von Frankreich Europa überzogen, versuchte der junge Großherzog sich durch eine Neutralitätspolitik aus den Konflikten herauszuhalten. Dennoch wurde er in den Strudel der Ereignisse gezogen und schließlich 1799 von den Franzosen aus der Toskana vertrieben. Die großherzogliche Familie flüchtete ins Exil nach Wien.

Als exilierter Monarch versuchte er Ersatz für die verlorene Herrschaft zu finden. Ferdinand wurde nun zum Spielball der großen Mächte. Zunächst wurde ihm Salzburg zugesprochen. Das Erzbistum Salzburg war zuvor einer der vielen semisouveränen Kleinstaaten des Heiligen Römischen Reiches, und der Erzbischof zugleich geistliches Oberhaupt und weltlicher Herrscher des Landes. Salzburg wurde säkularisiert, d. h. der Erzbischof verlor nun die Herrschaft über das Land und ein weltlicher Fürst wurde als Herrscher installiert. Ferdinand übernahm 1803 die Macht in Salzburg. Zur Aufwertung seiner neu gewonnenen Stellung wurde Salzburg in den Rang eines Kurfürstentums erhoben, und Ferdinand hatte somit den höchsten Rang im Alten Reich inne.

Doch konnte Ferdinand nicht mehr wirklich aus dieser Aufwertung Nutzen ziehen, denn das Heilige Römische Reich war bereits im Zerfall begriffen. In der Zeit des Umbruchs im Gefolge der Französischen Revolution wurde das überlebte Konzept dieses Reiches, das ein feudales Relikt aus dem Mittelalter darstellte, als sinnentleerte Hülle verstanden. Bereits 1806 wurde es von seinem letzten Herrscher, Kaiser Franz II. für erloschen erklärt.

Doch Ferdinands Herrschaft in Salzburg währte ohnedies nicht lange. Bereits 1805, nach der katastrophalen Niederlage Österreichs in der Schlacht von Austerlitz, wurde Salzburg im Zuge der Expansionspolitik Frankreichs Bayern, damals ein Verbündeter Napoleons, zugesprochen.

Nun wurde Ferdinand mit der Herrschaft über das Großherzogtum Würzburg, ebenfalls ein säkularisierter ehemaliger Kirchenstaat in Mitteldeutschland, entschädigt, wo er aber ebenfalls nur vorübergehend regierte, nämlich von 1807 bis 1814.

Erst der Wiener Kongress ermöglichte ihm die Rückkehr in die Toskana, sein angestammtes Herrschaftsgebiet. Die Lage in Italien hatte sich jedoch in der Zwischenzeit verändert. Die Toskana war während der Herrschaft Napoleons zunächst von 1801 bis 1807 ein Teil des Königreiches Etrurien. 1807 wurde es eine Provinz des Kaiserreiches Frankreich und von der Schwester Napoleons, Großherzogin Elisa, bis 1814 regiert. Das französische Intermezzo hatte seine Spuren in Italien hinterlassen, neue Gedanken und politische Zielsetzungen waren aufgekommen.

Ferdinand war von den Umwälzungen verstört. Er blieb zeitlebens ein Vertreter des „ancien régime“, des alten Systems der Fürstenherrschaft. Der Habsburger war zwar aufgeschlossen gegenüber der Aufklärung, aber der revolutionäre Furor blieb ihm fremd. Auch den Idealen der Französischen Revolution, vor allem das Konzept der modernen Nation begegnete er mit größtem Unverständnis. Doch der damals aufkommende Gedanke der Einigung Italiens zu einem Nationalstaat sollte die Herrschaft seiner Nachkommen in der Toskana bald beenden. 

Martin Mutschlechner