Es werde Licht - Gas und Strom beleuchten Wien

Elektrischer Lichtschalter, Anfang des 20. Jahrhunderts

Brandruine des Ringtheaters, 1881

Wiener städtische Elektrizitätswerke. Fotografie, um 1908

Der oberste Beamte der Monarchie arbeitete am liebsten bei Kerzenschein, weil das elektrische Licht seine Augen störte. Das Hochzeitsgeschenk für Kronprinz Rudolf und seine Gattin hingegen war auf dem neuesten Stand der Technik.

Elektrischer Lichtschalter, Anfang des 20. Jahrhunderts

Brandruine des Ringtheaters, 1881

Wiener städtische Elektrizitätswerke. Fotografie, um 1908

Obwohl Franz Joseph kein Freund des elektrischen Lichtes war, wurden die Hofburg und das Schloss Schönbrunn um 1900 damit ausgestattet. Bis dahin waren die kaiserlichen Gebäude vor allem mit Kerzen beleuchtet worden. In den Haushalten Wiens spendeten seit dem Ende der 1820er Jahre offene Gasflammen Licht, ab der Mitte des Jahrhunderts verwendete man Gaslicht und gegen Ende des Jahrhunderts kam langsam elektrisches Licht in Gebrauch – in manchen Bezirken Wiens dauerte die Einleitung des Stroms in private Haushalte noch bis in die 1920er Jahre. Gas und Elektrizität wurden schnell zu unverzichtbaren Annehmlichkeiten, die Licht spendeten und verschiedene Haushaltsgeräte und Verkehrsmittel antrieben – die elektrisch betriebene Straßenbahn wurde schlicht als "Elektrische" bezeichnet. Die Möglichkeit, Licht 'auf Knopfdruck' herzustellen, veränderte sowohl die Lebens-, Arbeits- und Vorstellungswelt der Menschen als auch das Stadtbild: Nachtarbeit in Fabriken war nunmehr möglich, zwecks Straßenbeleuchtung wurden Gaslaternen aufgestellt und immer mehr öffentliche Gebäude wurden mit elektrischem Licht ausgestattet. Die Wiener Gasgesellschaft ließ anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Rudolf und Prinzessin Stephanie von Belgien am Kärntner Ring einen riesigen Triumphbogen errichten, der mit unzähligen kleinen Gasflammen beleuchtet war.

Die Gasbeleuchtung schuf jedoch nicht nur Annehmlichkeiten, sondern war mitunter gefährlich – der Brand des Ringtheaters 1881 wurde etwa durch eine offene Gasflamme ausgelöst. Die Menschen klagten zudem über Übelkeit und Kopfschmerzen, die das Gas auslösen würde und über die umweltschädlichen Gas- und Elektrizitätswerke in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Nicht unmittelbar körperlich spürbar war ein anderer Effekt von Gas und Elektrizität: Die Bereitstellung von Energie verschaffte nämlich den zunächst privaten, später kommunalen Versorgern auch die Macht, Energie zu entziehen. Unrentable oder unliebsame Gebiete konnten von der Versorgung mit Strom und Gas ausgeschlossen werden.

Christina Linsboth