Wo die Liebe hinfällt

Erzherzog Franz Ferdinand mit Familie, Postkarte, 1913

Erzherzog Heinrich, Lithografie nach Ignaz Eigner, um 1875

Leopoldine Hofmann, Fotografie

Liebe hält sich nicht an Standesgrenzen. Aber Vorsicht: "Unstandesgemäße" Beziehungen können zu Komplikationen mit der Familie führen!

Erzherzog Franz Ferdinand mit Familie, Postkarte, 1913

Erzherzog Heinrich, Lithografie nach Ignaz Eigner, um 1875

Leopoldine Hofmann, Fotografie

Grundsätzlich mussten Habsburger "standesgemäße" Ehen schließen. Der Kaiser konnte aber als Familienoberhaupt gemäß dem habsburgischen Familienstatut unstandesgemäße Verbindungen als "morganatische" Ehen oder "Ehen zur linken Hand" legitimieren. Nicht alle diese Verbindungen wurden auf dieselbe Weise behandelt: Während manche Ehen geduldet wurden, mussten andere Personen deswegen aus dem Familienverband ausscheiden.

In den fast sechs Jahrhunderten habsburgischer Familiengeschichte vor der Regentschaft Franz Josephs kam es nur zwei Mal vor, dass männliche Mitglieder der Familie eine Ehepartnerin aus dem Bürgerstand wählten: Ferdinand von Tirol heiratete im 16. Jahrhundert die Augsburger Patriziertochter Philippine Welser, und Anfang des 19. Jahrhunderts ehelichte Erzherzog Johann die Postmeisterstochter Anna Plochl aus Bad Aussee. Schwerwiegende familienrechtliche Konsequenzen hatten Ferdinand und Johann nicht zu erdulden – sie mussten weder aus dem Erzhaus ausscheiden noch verloren sie ihre Ränge.

In der Regierungszeit Franz Josephs hatten einige Mitglieder des Kaiserhauses den Wunsch nach "unstandesgemäßen" Heiraten. Relativ gütlich waren die Konsequenzen für Erzherzog Heinrich: Dieser ehelichte am 4. Februar 1868 in Bozen die Sängerin Leopoldine Hofmann. Er tat dies zwar gegen den ausdrücklichen Willen Franz Josephs. Der Kaiser erklärte sich aber zumindest bereit, die Gültigkeit der Ehe nicht anzufechten. Die Bedingungen des Kaisers hatte Heinrich freilich "pünktlichst und gewissenhaft" zu befolgen: Heinrich nannte sich ab nun "Graf Waideck", verließ Österreich und schied aus dem Kaiserhaus aus. Er legte alle militärischen Funktionen zurück und sollte seinen künftigen Unterhalt mit seinen Brüdern selbst regeln. Eine überraschende Wende ergab sich 1872: Per Handschreiben verkündete Franz Joseph, dass er Erzherzog Heinrich "in die Rechte eines kaiserlichen Prinzen wiedereingesetzt" und "seine morganatische Ehe nachträglich genehmigt" habe. Woraus sich der Sinneswandel des Kaisers ergab, ist nicht bekannt. Diese Wiedereinsetzung des Erzherzogs war jedenfalls ein einzigartiger Vorgang in der habsburgischen Familiengeschichte. Vereint blieb das Paar bis zum gemeinsamen Lebensende: Bei einem Wien-Besuch 1891 erkrankten beide an einer Lungenentzündung – und starben in derselben Nacht.

Die letzte große morganatische Ehe der Donaumonarchie wurde von Thronfolger Franz Ferdinand mit Gräfin Sophie Chotek eingegangen. Sophie war zwar hochadeliger Herkunft, aber nach dem strengen Familienstatut trotzdem nicht ebenbürtig. Franz Joseph verweigerte deshalb zunächst die Zustimmung zu dieser Verbindung und erteilte sie erst 1900 unter der Bedingung, dass die Kinder des Paares auf alle Thronfolgerechte verzichteten. Sophie wurde einige Jahre später zur Herzogin von Hohenberg erhoben. Das Paar residierte im Schloss Artstetten, wo es nach dem Attentat von Sarajevo 1914 auch beigesetzt wurde.

Andere Fälle liefen nicht so konfliktfrei ab und führten zu öffentlichen Skandalen: Johann Orth, Ferdinand Burg und Leopold Wölfling – vormals Mitglieder der habsburgischen Großfamilie – hatten deshalb das Kaiserhaus verlassen (müssen) und bürgerliche Namen angenommen.

Stephan Gruber