Georg Emanuel Opitz: Die polnischen Juden und der schwere Fuhrmann in Wien, Aquatintaradierung, koloriert, um 1810

Georg Emanuel Opitz: Eine Gesellschaft von Handelsjuden in Wien, Aquatintaradierung, koloriert, um 1810

'Wiener Tolerierte' als künftige Wirtschaftsmagnaten

Georg Emanuel Opitz: Die polnischen Juden und der schwere Fuhrmann in Wien, Aquatintaradierung, koloriert, um 1810

Georg Emanuel Opitz: Eine Gesellschaft von Handelsjuden in Wien, Aquatintaradierung, koloriert, um 1810

Das Geld war wegen der vielen Kriege knapp geworden. Auf der Suche nach neuen Investoren stieß man auf das Kapital der Juden.

Man darf es nicht wagen, den Juden zu schimpfen,

zu necken, zu schmähen und zu verunglimpfen.

Ihr Ende erreichen die peinlichen Qualen,

den Leibeszoll sollen wir fürder nicht zahlen.

In Österreich, auch in der Kaiserstadt Wien,

darf Israels Sohn nun die Märkte beziehn. (…)

So stürzen zusammen die scheidenden Schranken,

weil Joseph der Kaiser hat gute Gedanken.

Gedicht des Prager Juden Abraham Trebitsch

Georg Emanuel Opitz: Die polnischen Juden und der schwere Fuhrmann in Wien, Aquatintaradierung, koloriert, um 1810

Georg Emanuel Opitz: Eine Gesellschaft von Handelsjuden in Wien, Aquatintaradierung, koloriert, um 1810

Während der Großteil der jüdischen Bevölkerung am Rande der Gesellschaft lebte und in Ghettos abgeschoben wurde, trug eine kleine Gruppe jüdischer Financiers bereits zur Staatsfinanzierung bei. Diese "Hofjuden" waren mit Sonderrechten und Privilegien ausgestattet, unter anderem wurden ihnen Steuern und Zölle erlassen. Die Familien Oppenheimer und Wertheimer zählten zu diesen Privilegierten. Die 'tolerierten' Juden leisteten einen wichtigen Beitrag zur Hoffinanzierung und wurden zur Zahlung von Toleranzgeld verpflichtet. Hofjuden sollten auch in die industrielle Entwicklung investieren. In der Judenordnung von 1764 wurde daher festgelegt, dass die um Toleranz ansuchenden Juden ihr Vermögen in Fabriken anlegen mussten, um in der Reichshauptstadt leben zu dürfen.

Auch zwanzig Jahre später, im Toleranzpatent für Wiener Juden, ermunterte man sie, ihr Geld in die Wirtschaft zu investieren. Trotz oder vor allem wegen des Verbotes einer jüdischen Gemeindebildung und der Verwendung der hebräischen Sprache integrierten sich die Juden in das Wiener Gesellschaftsleben. Der Aufstieg von bedeutenden Bank- und Handelshäusern wie Arnstein und Eskeles fällt in die josephinische Zeit. Da der Staat auf das jüdische Finanzkapital angewiesen war, konnten diese Juden ihren Einfluss aufs Wiener Wirtschafts- und Kulturleben geltend machen. Wirtschaftlicher Erfolg wurde vielfach durch Adelsverleihungen honoriert. Doch nur wenige hundert Juden standen unter dem Toleranzschutz, für alle anderen wurde der Zuzug nach Wien so weit wie möglich verhindert.

Anita Winkler