Widerstand im "heiligen Land": Tiroler Taliban?

Franz von Defregger: Andreas Hofer mit seinen Beratern in der Hofburg in Innsbruck, Ölgemälde, 1879

Darstellung Andreas Hofers mit seinen Mitstreitern, Porzellanpfeifenkopf

Johann Georg Schedler: Andreas Hofer

Carl Kager: Andreas Hofers letzter Gang, Gemälde

Für seine Verehrer ist er ein Volksheld und Patriot. Kritiker sehen in ihm einen reaktionären Hinterwäldler: Andreas Hofer, Kommandant des Tiroler Widerstandes gegen Bayern und Frankreich.

Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war,
In Mantua zum Tode
Führt ihn der Feinde Schar.
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland, ach, in Schmach und Schmerz.
Mit ihm das Land Tirol,
Mit ihm das Land Tirol.

Erste Strophe des um 1840 entstandenen Andreas-Hofer-Liedes, der heutigen Tiroler Landeshymne

Text und Melodie des Andreas-Hofer-Liedes bilden ein untrennbares Ganzes. Es ist daher verboten, seinen Text nach einer anderen Melodie und zu seiner Melodie einen anderen Text zu singen. Dieses Verbot gilt auch für Texte und Melodien, die dem Andreas-Hofer-Lied ähnlich sind und nur unwesentlich davon abweichen.

Beschluss des Tiroler Landtages vom 2. Juni 1948

Die Bayern haben es nicht verstanden, Tirol zu regieren; sie sind dieses tapferen Volkes, dessen Gegenwehr mir Achtung einflößt, gar nicht wert.

Napoleon über den Tiroler Freiheitskampf

Franz von Defregger: Andreas Hofer mit seinen Beratern in der Hofburg in Innsbruck, Ölgemälde, 1879

Darstellung Andreas Hofers mit seinen Mitstreitern, Porzellanpfeifenkopf

Johann Georg Schedler: Andreas Hofer

Carl Kager: Andreas Hofers letzter Gang, Gemälde

Die volkstümliche österreichische Kriegspropaganda kam in Tirol gut an: Zwar musste das Land nach der Niederlage von 1805 an Bayern abgetreten werden, doch es regte sich bald Widerstand gegen diese Fremdherrschaft. Die Tiroler Bauernschaft hatte sich seit dem Mittelalter relativ große Freiheiten in Form einer Ständeverfassung erhalten können. Diese Privilegien sah die Bevölkerung nun gefährdet. Es war also nicht so sehr die Verehrung der Habsburger, sondern die Beschneidung alter Sonderrechte und volksreligiöser Traditionen, die 1809 den Volkszorn unter dem Motto "Mander, s'ischt Zeit" ("Männer, es ist Zeit") zur Entladung brachte. Der Widerstand gegen die bayrisch-französische Fremdherrschaft wurde von Andreas Hofer angeführt. Er war Bauer und Wirt im Gasthaus "Am Sand", außerdem verschuldeter Pferde- und Weinhändler.

Hofer nannte sich "vom Haus Österreich erwählter Kommandant". Während Erzherzog Karl seinen Sieg von Aspern feierte, gelangen Hofer Erfolge am Bergisel gegen die napoleonischen Truppen. Franz II./I. erklärte deswegen euphorisch, dass Tirol "nie mehr von dem Körper des Oesterreichischen Kaiserstaates soll getrennt werden" und dass er "keinen andern Frieden unterzeichnen werde – als den, der dieses Land an Meine Monarchie unauflöslich knüpft".

Dieses Versprechen konnte der Kaiser jedoch nicht halten: Nach der Niederlage von Deutsch-Wagram musste er den Frieden von Schönbrunn schließen und den Verlust Tirols akzeptieren. Hofer kämpfte vergeblich weiter. Am 1. November 1809 fiel in der letzten Bergisel-Schlacht seine entscheidende Niederlage. Der Sandwirt musste fliehen und wurde Anfang 1810 vom Bauern Franz Raffl für 1.500 Gulden an die Franzosen verraten. Hofer wurde auf der Pfandleralm festgenommen, in Mantua (heute Mantova, Italien) von einem Kriegsgericht verurteilt und am 20. Februar 1810 erschossen.

Andreas Hofer wurde zum polarisierenden Märtyrer: Während er in katholisch-konservativen Kreisen als Freiheitskämpfer verehrt wird, ziehen Kritiker den Vergleich mit der heutigen Taliban-Bewegung. Zu letzterer Beurteilung passt seine religiöse Hetze gegen Juden, Aufklärer und Freimaurer – und sein Erlass, "Frauenzimmer" dürften nicht mehr "ihre Brust und Armfleisch zu wenig und mit durchsichtigen Hadern bedecken", andernfalls drohe ihnen "Volksjustiz". Sein Verräter wurde später als "Judas von Tirol" bezeichnet – dass Hofer hier mit Jesus Christus gleichgesetzt wird, treibt seine heiligenhafte Verehrung auf die höchstmögliche Spitze.

Stephan Gruber