Rudolf IV. und die Ambitionen der Dynastie

Rudolf IV., Stifterfigur vom Singertor der Stephanskirche, um 1360

Die Geburt des Knaben wurde fast wie ein Wunder gefeiert. Die Eltern, Herzog Albrecht II. und Johanna von Pfirt, wurden dadurch von einer großen Sorge befreit: Nach 15 Jahren kinderloser Ehe kam mit Rudolf endlich ein gesundes Kind zur Welt.

Rudolf IV., Stifterfigur vom Singertor der Stephanskirche, um 1360

Gerüchte begannen zu kursieren, die Albrecht, der durch eine Gelenkserkrankung in seiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt war, die Zeugungsfähigkeit und damit die Vaterschaft absprachen. Herzog Albrecht ließ diese von den Kanzeln der Kirchen herab als Lügen verdammen.

Rudolf genoss für einen Adeligen seiner Zeit eine überdurchschnittliche Erziehung. Offensichtlich konnte er schreiben, denn Proben seiner Handschrift haben sich erhalten.

Der junge Prinz wurde früh von seinem Vater in das Projekt einer Annäherung an das Haus Luxemburg einbezogen, das seit 1311 die böhmische Krone innehatte und damit zu einem mächtigen Nachbarn der Habsburger geworden war. Albrecht versuchte eine Aussöhnung mit den Luxemburgern nach der Konfrontation um den Erwerb von Kärnten und Krain (1335). Als Rudolf fünf Jahre alt war (1344), kam erstmals der Plan einer Verbindung mit Katharina von Luxemburg (1342 oder 1343–1395) auf. Katharina war die Tochter von Karl, dem zukünftigen König von Böhmen und aussichtsreichsten Kandidaten für die Reichskrone. 1348 erfolgte die Bestätigung der Verlobung des neunjährigen Rudolfs mit der etwa sechsjährigen Katharina. Die Heirat fand 1353 in Prag statt. Rudolf wurde somit zum Schwiegersohn des nunmehrigen Königs Karl IV. 

1355 erließ Rudolfs Vater Albrecht II. eine Erbregelung („Albertinische Hausordnung“), die eine drohende Teilung der habsburgischen Hausmacht und damit eine Schwächung der Position der Gesamtfamilie verhindern sollte. Darin wurde festgelegt, dass seine vier Söhne gemeinsam die habsburgischen Länder (Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain sowie die Vorlande, also den Stammbesitz in Schwaben und im Aargau) regieren sollten. Rudolf als Erstgeborenem fiel dabei eine besondere Stellung zu. Dies und die wohlwollende Protektion durch seinen Schwiegervater Karl IV. stärkten das ohnedies große Selbstbewusstsein des jungen Fürsten zusätzlich. In Karl, der als einer der bedeutendsten Herrscher des europäischen Mittelalters gilt, fand Rudolf sein Vorbild, aber auch einen Rivalen.

Martin Mutschlechner