Orte des Lernens: Die Schulen

Alexander von Villedieu: Doctrinale puerorum, ganze Seite mit Initiale

Alexander von Villedieu: Doctrinale puerorum, Initiale

Die neuen Verwaltungsaufgaben verlangten nach des Lesens kundigen Menschen – ein ,Bildungsboom‘ war die Folge.

Alexander von Villedieu: Doctrinale puerorum, ganze Seite mit Initiale

Alexander von Villedieu: Doctrinale puerorum, Initiale

Mit der Verbreitung des Lesens und Schreibens auch abseits des geistlichen Bereichs setzte im 14. und 15. Jahrhundert eine Säkularisierung der Bildung ein. Doch nicht nur administrative und wirtschaftliche Notwendigkeiten, sondern auch die Ideen des Humanismus bereiteten den Boden für das Interesse am Wissenserwerb. Erasmus von Rotterdam vertrat die Ansicht, dass erst Erziehung und Bildung es dem Menschen ermöglichten, die Welt zu verstehen. Bildung, so Erasmus, „erhebt ihn über die Tiere und macht letztlich wirkliches Menschsein aus“.

Das Schulwesen wurde umgestaltet: Klöster, Kirchen und Domschulen als Ausbildungsstätten für eigene Zöglinge und Externe reichten für den neuen Bedarf nicht mehr aus. Die Städte wurden zu Bildungszentren, doch bereits im 14. Jahrhundert verfügten auch viele kleine Orte über Pfarrschulen oder Schulmeister. Ziel dieser Ausbildung war die Heranbildung des geistlichen Nachwuchses, aber auch die Verbreitung des Lesens und der Glaubenslehre. Auch städtische Schulen und „Lateinschulen“ waren an das religiöse Leben gekoppelt, im Mittelpunkt stand die Beherrschung der lateinischen Sprache. Unterricht in den Volkssprachen ist erst im 15. Jahrhundert belegt.

Als Vorläuferin der Volksschule gab es die „deutsche Schule“. Sie wurde privat oder von einer Stadt finanziert und war insbesondere für Kinder des Bürgertums interessant: Hier lernte man lesen, schreiben und rechnen sowie den Umgang mit dem Münzsystem, Maß- und Gewichtseinheiten. Diese Schulen wurden auch von Mädchen aus den städtischen Oberschichten besucht, die bis ins Spätmittelalter nur im eigenen Haus oder in Nonnenklöstern Zugang zu Bildung hatten. Am Land konnten sie auch Pfarrschulen besuchen. Nun wurden eigene Mädchenschulen mit Lehrerinnen eingerichtet, während Universität und Lateinschulen nur männlichen Jugendlichen offenstanden.

Vor allem beim Adel und Stadtbürgertum stellte der Privatunterricht eine wesentliche Form des Wissenserwerbs dar. Studenten oder Kleriker unterrichteten ihre Zöglinge dabei in Privathäusern.

Julia Teresa Friehs