"An Meine Völker!"

"Bubi macht mobil", aus Postkartenalbum "Kriegserinnerungen 1914-15"

"Schulter an Schulter", aus Postkartenalbum "Kriegserinnerungen 1914-15"

Sturmangriff am Isonzo, Fotografie

Kaiser Franz Joseph: "An Meine Völker", Sonder-Ausgabe des Amtsblattes der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, Nr. 61, Jahr

Wenn sich der Kaiser für eine Kriegserklärung rechtfertigen will, schreibt er einen offenen Brief an "Seine Völker".

"Bubi macht mobil", aus Postkartenalbum "Kriegserinnerungen 1914-15"

"Schulter an Schulter", aus Postkartenalbum "Kriegserinnerungen 1914-15"

Sturmangriff am Isonzo, Fotografie

Kaiser Franz Joseph: "An Meine Völker", Sonder-Ausgabe des Amtsblattes der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, Nr. 61, Jahr

Kaiser Franz Joseph wandte sich zu Beginn des Ersten Weltkrieges in einem Manifest an seine Untertanen: Es trug den Titel "An Meine Völker!" und wurde am 29. Juli 1914 in einer Sonderausgabe des "Amtsblattes der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien" abgedruckt. Der Kaiser warb mit diesem Text um Verständnis für die Kriegserklärung an Serbien, die einen Tag zuvor erfolgt war, nachdem im Juni der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo von einem Attentäter erschossen worden war. Das Manifest war Teil der umfassenden Kriegspropaganda, die in der Bevölkerung die Begeisterung für den Ersten Weltkrieg wecken sollte. Es ist daher wenig überraschend, wie Franz Josephs Erklärung gestaltet ist: Wenn er etwa von "segensvoller Friedensarbeit in Bosnien" berichtete, so sollten damit die gewaltsamen Konflikte seit der Okkupation Bosniens und der Herzegowina heruntergespielt werden. Dem "verbrecherischen" und "unerträglichen Treiben" Serbiens sei Einhalt zu gebieten: Daher sei die Kriegserklärung erfolgt. "So muß Ich denn daran schreiten, mit Waffengewalt die unerläßlichen Bürgschaften zu schaffen, die Meinen Staaten die Ruhe im Innern und den dauernden Frieden nach außen sichern sollen", meinte der Kaiser.

In diesen Formulierungen wird aus heutiger Sicht deutlich, wie der – bewusst und unbewusst – verengte Blick der Machthaber auf die politische Entwicklung zur Realitätsverweigerung wurde. Dass jedoch nicht der Kaiser selbst mit der Waffe in der Hand in den Krieg zog, sondern in seinem Namen unzählige Menschen in den Tod geschickt wurden, führt den Zynismus des Manifestes vor Augen. Persönlich ließ sich der gealterte Kaiser nicht auf den lebensgefährlichen Kriegsschauplätzen blicken.

Stephan Gruber