Leopold I.: Ehe und Familie

Charles Boit: Ovale Emailplatte mit Leopold I. im Kreis der Familie, 1703, Emaillemalerei auf Goldplatte

Leopold I. war dreimal verheiratet, und aus seinen Ehen wurden ihm insgesamt 16 Kinder geboren. Davon erreichten jedoch nur sechs das Erwachsenenalter.

Charles Boit: Ovale Emailplatte mit Leopold I. im Kreis der Familie, 1703, Emaillemalerei auf Goldplatte

Seine erste Ehe schloss er mit Infantin Margarita Teresa (1651–1673) aus der spanischen Linie der Habsburger. Die Hochzeit im Jahre 1666, durch die die Ansprüche der österreichischen Habsburger auf den spanischen Thron gefestigt werden sollten, hatte ein langes diplomatisches Vorspiel. Daran erinnern heute erstklassige Kunstwerke. Velázquez schuf eine berühmte Serie von Porträts der jungen Infantin in verschiedenen Altersstufen, die nach Wien gesandt wurden und die Entwicklung der Kaiserbraut dokumentieren sollten. Die beeindruckenden Darstellungen des Mädchens sind heute Highlights in den Sammlungen des KHM.

Die beiden Eheleute verband eine enge Verwandtschaft, die ein geradezu absurdes Beispiel von dynastischem Inzest darstellt. Margarita Teresa heiratete mit Leopold ihren leiblichen Cousin, der zugleich ihr Onkel war.

Die Spanierin starb mit nur 22 Jahren, nachdem sie in sechs Ehejahren vier Kinder geboren und zwei Fehlgeburten erlitten hatte. Von den vier Kindern sollte nur eine Tochter das Erwachsenenalter erreichen: Maria Antonia (1669–1692) wurde später mit dem Kurfürsten von Bayern vermählt – eine Ehe, die zu einem menschlichen Desaster wurde. Die Abneigung der Ehepartner ging so weit, dass Maria Antonia bei ihrem Vater in Wien Zuflucht suchte, wo sie nach der Geburt ihres Sohnes Joseph Ferdinand im Kindbett starb. Ihr Erbanspruch auf den spanischen Thron, der an ihren Sohn und damit auf das Haus Wittelsbach überging, verkomplizierte die Konflikte im Spanischen Erbfolgekrieg.

Leopolds zweite Gemahlin war Erzherzogin Claudia Felicitas (1653–1676) aus der Tiroler Nebenlinie der Habsburger. Die Ehe wurde unmittelbar nach dem Tod von Leopolds erster Gattin 1673 geschlossen. Claudia Felicitas war die letzte Vertreterin der Tiroler Seitenlinie der Habsburger und die Verbindung besiegelte den Rückfall Tirols an die Hauptlinie. Aber auch diese Ehe sollte nicht von langer Dauer sein, denn die junge Frau starb 1676 im Alter von nur knapp 23 Jahren, nachdem sie zwei Töchter geboren hatte, die jedoch beide bereits im Säuglingsalter starben.

Da die Notwendigkeit nun immer dringender wurde, überlebende Nachfolger zu zeugen, um die Dynastie vor dem Aussterben zu bewahren, ging Leopold unverzüglich eine weitere Ehe ein.

Die nunmehr dritte Gemahlin war Eleonore Magdalena (1655–1720) und stammte aus dem souveränen deutschen Fürstenhaus Pfalz-Neuburg. Der Hintergrund für die Wahl dieser Braut war eine geplante Aussöhnung mit ihrem Vater, dem bislang antihabsburgischen Kurfürsten Philipp von Pfalz-Neuburg. Die Verbindung sollte den Rückhalt des Kaisers im Reich festigen und eine stärkere Verankerung des Kaisers im Reich bewirken.

Streng nach den Prinzipien der katholischen Religion erzogen, verstärkte Eleonore Magdalena die ohnedies sehr fromme Atmosphäre am Wiener Hof. Ihr Charakter war von extremer Religiosität geprägt, die sich zuweilen zur Bigotterie steigern konnte. Eine bezeichnende Schilderung verdanken wir Lady Mary Wortley Montagu, der Gattin des britischen Gesandten an der Hohen Pforte, die 1716/17 einige Monate in Wien verbrachte: „Am nächsten Tag hatte ich bei der Kaiserin Mutter Audienz, einer Fürstin von großer Tugend und Güte, die sich aber selbst sehr mit ihrer übertriebenen Frömmigkeit brüstet und fortwährend außerordentliche Bußübungen verrichtet ohne jemals etwas getan zu haben, um sie zu verdienen.“

Die Verbindung Eleonores mit Leopold wird als sehr harmonisch geschildert, da die beiden ein ähnliches Wesen verband. Die dritte Gemahlin wurde zu einer wichtigen Stütze für ihren Gemahl.

Nun sollte sich auch endlich reicher Nachwuchssegen einstellen: der langen Ehe entsprangen zehn Kinder, von denen jedoch nur fünf das Erwachsenenalter erreichten.

Der erstgeborene Sohn Joseph (1678–1711), der sich prächtig entwickelte, entband den Vater von der Sorge um einen Nachfolger, wenn er auch durch seinen ausschweifenden Lebensstil den frommen Eltern einige Sorgen machte. Als regierendem Habsburger ist seinem Leben eine eigene Biografie gewidmet.

Maria Elisabeth (1680–1741), die als eine der gebildetsten Töchter des Hauses galt, blieb unverheiratet und übernahm von 1725 bis 1741 die Statthalterschaft in den Österreichischen Niederlanden, wo ihr Wirken sehr zwiespältig beurteilt wurde.

Maria Anna (1683–1754) wurde mit König Johann V. von Portugal vermählt, einem Verbündeten Österreichs im Spanischen Erbfolgekrieg.

Karl (1685–1740) sollte zunächst als habsburgischer Thronprätendent die Interessen der Dynastie in Spanien wahren. Nach dem frühen Tod seines Bruders wurde er dessen Nachfolger als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und Herrscher der Habsburgermonarchie. Details zum Leben des letzten männlichen Vertreters des Hauses Habsburg sind seiner Biografie zu entnehmen.

Maria Magdalena (1689–1743) blieb unverheiratet und stand als Tante Maria Theresias in enger Verbindung mit der späteren Regentin der Habsburgermonarchie.

Die dritte Gemahlin Leopolds sollte ihren Gatten um 15 Jahre überleben. Während der Regentschaft ihres ältesten Sohnes Joseph bildete sie das Zentrum einer oppositionellen Gruppierung am Kaiserhof, die dem Lebensstil und den Ratgebern des Kaisers sehr kritisch gegenüberstand. Nach dem plötzlichen Tod Josephs 1711 übernahm Eleonore bis zur Übernahme der Regierung durch Karl VI. interimistisch die Regentschaft.

Martin Mutschlechner