Franciscus van der Steen nach Joachim von Sandrart: Triumph Ferdinand III. (Allegorie auf Kaiser Ferdinand III. und seine Familie)

Georg Vrtlmayr: Kaiser Ferdinand III. als Bezwinger der Häresie, Gouache, 1654

Ferdinand III.: Der „vergessene Kaiser“

Franciscus van der Steen nach Joachim von Sandrart: Triumph Ferdinand III. (Allegorie auf Kaiser Ferdinand III. und seine Familie)

Georg Vrtlmayr: Kaiser Ferdinand III. als Bezwinger der Häresie, Gouache, 1654

Ferdinand III. ist ein eher unbekannter Habsburger, obwohl unter seiner Regierung wichtige Weichenstellungen stattfanden: Das Ende des Dreißigjährigen Krieges hatte im Haus Habsburg die Akzeptanz der Grenzen kaiserlicher Macht in konfessionellen und politischen Belangen zur Folge. Den empfindlichen Zugeständnissen im Heiligen Römischen Reich stand jedoch eine Stärkung der landesfürstlichen Macht in der Habsburgermonarchie gegenüber.

Franciscus van der Steen nach Joachim von Sandrart: Triumph Ferdinand III. (Allegorie auf Kaiser Ferdinand III. und seine Familie)

Georg Vrtlmayr: Kaiser Ferdinand III. als Bezwinger der Häresie, Gouache, 1654

Die wichtigste Folge der neuen Friedensordnung für das Reich war, dass ein Modus vivendi gefunden wurde, die konfessionellen Spannungen zu entschärfen, die seit der Glaubensspaltung durch die Lutherische Reformation den Zusammenhalt des Reiches schwächten. Die Koexistenz der verschiedenen christlichen Konfessionen im Reich wurde auf eine tragfähige Basis gestellt.

Weiters wurde den Reichsständen die volle Souveränität und das Recht einer eigenständigen Außen- und Bündnispolitik zuerkannt. Das Heilige Römische Reich war nun ein Staatenbund von ca. 300 Mittel-, Klein- und Kleinststaaten, von denen nur die regionalen Großmächte Bayern, Brandenburg, Sachsen und Hannover die daraus erwachsenden Möglichkeiten in der Realität tatsächlich nutzen konnten. Die kaiserliche Macht war dennoch massiv beschnitten – das Ende der Hegemonie der habsburgischen Kaiser im Reich war gekommen. Die Habsburger konzentrierten sich in der Folge stärker auf den Ausbau der Erblande, die sich nun noch rascher als zuvor aus dem Reich herausentwickelten.

Die neue verfassungsrechtliche Grundlage des Westfälischen Friedens hatte im Reich die Entstehung bzw. Reform verbindlicher Verwaltungs- und Justizorgane (Hofkanzlei, Reichshofrat, Reichskammergericht) nach dem dualistischen Prinzip eines Gleichgewichts zwischen Kaiser und Reichsständen zur Folge. Ausdruck dessen war die Schaffung einer diplomatischen Plattform, die unter der Bezeichnung „Immerwährender Reichstag“ in Gestalt eines ständigen Gesandtenkongresses, der von den Reichsständen beschickt und ab 1663 in Regensburg installiert wurde. Diese Entwicklung wurde von Ferdinands Zugeständnissen initiiert, ihren Abschluss fand die Reichsreform jedoch erst unter seinem Nachfolger Kaiser Leopold I.

Innerhalb der Habsburgermonarchie nahmen die Dinge eine gegenteilige Entwicklung: Ferdinand wehrte sich entschieden gegen eine Ausweitung der Bestimmungen des Westfälischen Friedens auf seine landesfürstlichen Rechte. Er erteilte eine klare Absage an die Forderung zur Einstellung der Gegenreformation und zu einer Rückkehr zum konfessionellen Stand von 1618 in den habsburgischen Erblanden: Dies hätte eine teilweise Tolerierung protestantischer Konfessionen, die Rückkehr der Emigranten und eine Restitution der konfiszierten Güter in den österreichischen und böhmischen Ländern bedeutet. Nur in Ungarn musste Ferdinand III. die Realität einer konfessionellen Pluralität anerkennen.

Dennoch war Ferdinand III. im Vergleich zu seinem Vater in Glaubensfragen deutlich gemäßigter und weniger fundamentalistisch. Die Gegenreformation wurde zwar fortgesetzt, aber nicht mehr bedingungslos und militant wie noch wenige Jahrzehnte zuvor. Allerdings war auch die Ausgangssituation eine andere. Viele Widerstände waren bereits gebrochen: Die protestantische Kirchenstruktur war zerstört, der Adel gefügig, das Bürgertum ökonomisch ruiniert. Die Folgen des Jahrzehnte dauernden Konfliktes waren unübersehbar: Böhmen, Mähren, Schlesien sowie Nieder- und Oberösterreich nördlich der Donau waren großteils verwüstet. Der religiöse Furor war Ernüchterung gewichen.

Als Friedenskaiser gefeiert, konnte Ferdinand III. mit Erfolg die Wahl seines ältesten Sohnes Ferdinand IV. zum Römischen König 1653 durchsetzen. Zur großen Bestürzung seines Vaters starb der designierte Nachfolger aber im Jahr darauf. Die Versuche, den nächstältesten Sohn Leopold an dessen Stelle zu installieren, scheiterten zunächst. Als Ferdinand 1657 mit 49 Jahren an den Folgen einer Gallenentzündung überraschend starb, war die Nachfolge im Reich ungeklärt.

Ferdinand III. wurde in der Wiener Kapuzinergruft begraben. Er begann die bis zum Untergang der Monarchie 1918 ununterbrochene Reihe der Kaiserbegräbnisse in dieser  wichtigsten Grablege der Dynastie.  

Martin Mutschlechner