Erzherzog Johanns Traum von der idealen Gesellschaft

Johann Huber (nach Johann Peter Krafft): Erzherzog Johann am Hochschwab, Ölgemälde, 1839

Der junge Erzherzog entwickelte früh eine zunächst eher romantische Begeisterung für die Alpen und ihre Bevölkerung. Diese Liebe zu den Alpenländern und seine Wertschätzung für den Bauernstand erhielt sich Erzherzog Johann ein Leben lang.

Johann Huber (nach Johann Peter Krafft): Erzherzog Johann am Hochschwab, Ölgemälde, 1839

Heute zumeist romantisch verbrämt, war dies damals aber für einen Angehörigen der höheren Gesellschaftsschichten ungewöhnlich und revolutionär. Johann agierte hier aber auch als ein Vertreter des Zeitgeistes der Romantik, die auf die Herausforderungen der sich bildenden Industriegesellschaft mit einem „Zurück zur Natur“ antwortete.

Johanns Schwärmerei für die Alpenländer war jedoch nicht nur auf die Bewunderung der Naturschönheiten beschränkt. Er glaubte im harten Leben der dortigen Bauernschaft auch das Ideal eines Lebens im Einklang mit der Natur erkennen zu können. Der von aufklärerischen Ideen durchdrungene Prinz sah im Leben auf dem Land die wahre Bestimmung des Menschen. In der Großstadt Wien, die von der ersten Welle der Industrialisierung erfasst wurde, wurde er mit der Verarmung des Proletariats und den erbärmlichen Lebensbedingungen der unteren Schichten konfrontiert. Doch auch auf dem Land begann sich alte dörfliche Gesellschaft zu verändern.

Johann wurde zu einem Verfechter der natürlichen, angeborenen Würde des Menschen, unabhängig von Stand und Geburt. Er sah im freien Bauernstand der Schweizer Eidgenossenschaft und Tirols, wo ein hoher Grad der Selbstverwaltung der Kommunen herrschte und die Vertreter der bäuerlichen Gerichte im Landtag vertreten waren, ein Vorbild für die Umgestaltung der ländlichen Gesellschaft. Im selbstbewussten Auftreten der alpenländischen Bauernschaft, die im Gegensatz zu den meisten anderen Gebieten der Monarchie wirtschaftlich und mental weniger stark von feudalen Vorrechten der adeligen und kirchlichen Grundherren betroffen war, vermeinte er das Ideal des wehrhaften, mündigen Bürgers verwirklicht, der in Zeiten der Gefahr sein Land verteidigen sollte – nicht als Söldner, sondern als der Dynastie und dem Land treu ergebener Patriot.

Martin Mutschlechner