„Pietro Leopoldo con Famiglia – Firenze Pal. Pitti“ Großherzog Leopold von Toskana mit seiner Familie im Hof des Palazzo Pitti, Miniatur nach Johann Zoffany, 1776

Erzherzog Johann – ein Querdenker in der Familie Habsburg

„Pietro Leopoldo con Famiglia – Firenze Pal. Pitti“ Großherzog Leopold von Toskana mit seiner Familie im Hof des Palazzo Pitti, Miniatur nach Johann Zoffany, 1776

Erzherzog Johann gilt als einer der populärsten Habsburger. Wie kam es dazu, dass ein Spross der toskanischen Linie der Habsburger zum „steirischen Prinzen“ wurde?

„Pietro Leopoldo con Famiglia – Firenze Pal. Pitti“ Großherzog Leopold von Toskana mit seiner Familie im Hof des Palazzo Pitti, Miniatur nach Johann Zoffany, 1776

Erzherzog Johann, ein Sohn von Peter Leopold, Großherzog der Toskana (später als Leopold II. 1790–1792 Kaiser von Österreich) und Maria Ludovica von Spanien aus dem Haus Bourbon wurde am 20. Januar 1782 in Florenz geboren.

Er war das 13. Kind aus dieser kinderreichen Ehe (insgesamt entsprangen dieser Verbindung 16 Kinder). Bereits 1792 verlor jedoch der damals 10-jährige Prinz zuerst seinen Vater und zwei Monate danach auch seine Mutter. Die Vormundschaft und Leitung der Erziehung übernahm sein um 14 Jahre älterer Bruder Franz, der nun als Franz II. zugleich Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und Oberhaupt der Dynastie war.

Johann verband ein kompliziertes Verhältnis mit seinem älteren Bruder, das sich zeitlebens nicht bessern sollte. Der Jüngere, ein aufgewecktes Kind, entwickelte sich zu einem intelligenten und ehrgeizigen jungen Mann, der die Autorität seines Bruders ständig in Frage stellte. Der ältere Bruder Franz galt hingegen als hölzern und von wenig einnehmendem Wesen. Die brüderliche Eifersucht wurde jedoch von einem Ungleichgewicht der Kräfte verstärkt, denn der nun zum Regenten ernannte Franz verlangte von seinen Familienangehörigen vollkommene Unterwerfung unter seinen Willen als Oberhaupt der Dynastie. Auf kleinste Anzeichen von Widerspruch reagierte er mit zahlreichen Schikanen, die dem jüngeren Bruder das Leben schwer machten.

In Johanns Erziehung spiegelten sich die aufklärerischen Ideen seines Vaters wider. Seine Ansichten wurden zusätzlich geprägt von liberalen Lehrern, u. a. Franz Anton von Zeiller, einem der Verfasser des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches von 1811, das die rechtliche Stellung der Staatsbürger deutlich verbesserte.

Die Karriere des jungen Erzherzogs begann typisch für einen Prinzen des Hauses Habsburg – ihm wurde ein militärischer Posten zugewiesen. Der unerfahrene 18-jährige Johann wurde von seinem eifersüchtigen Bruder Kaiser Franz jedoch mit einem Himmelfahrtskommando betraut. Als Befehlshaber der habsburgischen Armee in der Schlacht von Hohenlinden 1800 erlitt Johann gegen die überlegene französische Armee eine desaströse Niederlage ein. Der junge ehrgeizige Mann war dadurch schwer getroffen und sein Tatendrang fürs Erste gedämpft.

Danach wurde er zum Stellvertreter seines Bruders in Tirol ernannt. Die Präsenz eines Vertreters der Dynastie vor Ort wurde notwendig, um die Bindung der westlichen Provinzen des Reiches zum Haus Habsburg zu stärken. Denn diese Länder waren zunehmend von den Kriegen mit dem revolutionären Frankreich bedroht.

Erzherzog Johann begegnete hier der Idee einer „Landwehr“, wo bereits seit 1799 im Sinne einer allgemeinen Volksbewaffnung Milizen von Bürgern und Bauern ihr Land verteidigten. In Tirol konnte man besonders auf die historischen Traditionen der Schützen – Bauern, die das Recht des Waffentragens zur Selbstverteidigung verbrieft bekommen hatten – anknüpfen. Als 1805 Tirol an das mit Frankreich verbündete Bayern abgetreten werden musste, stand Johann in Kontakt mit Andreas Hofer, dem Anführer des Tiroler Widerstandes gegen die französischen und bayrischen Besatzer. 1806 legte Erzherzog Johann das Konzept einer Landwehr für sämtliche habsburgische Länder vor, das bei Erzherzog Karl Zustimmung fand, jedoch erst 1808 vom Kaiser gebilligt wurde.

In der Folge eskalierte die Situation in Tirol. Angespornt durch anfängliche Erfolge der österreichischen Armee im Krieg gegen Napoleon begann 1809 der offene Aufstand der Tiroler. Der Wiener Hof  versprach zunächst volle Unterstützung. Doch bald wendete sich das Blatt, und Kaiser Franz sah sich gezwungen, Tirol zu opfern. Er brach das Versprechen, Tirol unter der Herrschaft der Habsburger zu halten, und gab das Land preis. Allein gelassen und der Unterstützung durch Wien beraubt, brach der Tiroler Volksaufstand zusammen. Der Anführer, Andreas Hofer, war mit der Situation überfordert, wurde schließlich verraten und hingerichtet.

Erzherzog Johann war gezwungen, seinen Tätigkeitsbereich in die Steiermark zu verlagern. Sich auf seine inzwischen enorme Popularität in weiten Teilen der Bevölkerung stützend, regte er in den Jahren 1812/13 die Idee eines „Alpenbundes“ an. Die alpenländischen Provinzen sollten sich durch Volksaufstände selbst von den Okkupanten befreien und eigenständig und unabhängig von der Wiener Zentralregierung agieren.

Dies ging dem kaiserlichen Bruder und Staatskanzler Metternich, in dem Johann einen seiner gefährlichsten Gegner fand, zu weit. Johann wurde gezwungen sich zurückzuziehen, seine Mitstreiter verhaftet und die Idee verworfen. Dies bedeutete auch das Ende seiner politischen Karriere. Johann wurde nie wieder von seinem Bruder mit offiziellen Funktionen betraut. Es wurde ihm anfänglich sogar verboten, je wieder nach Tirol zurückzukehren.

Martin Mutschlechner