Franz Xaver Winterhalter: Kaiserin Elisabeth in Balltoilette mit Diamantsternen im Haar, Ölgemälde, 1865

Georg Raab: Elisabeth als ungarische Königin, Ölgemälde, 1867

Elisabeths Wandel

Franz Xaver Winterhalter: Kaiserin Elisabeth in Balltoilette mit Diamantsternen im Haar, Ölgemälde, 1865

Georg Raab: Elisabeth als ungarische Königin, Ölgemälde, 1867

In ihrem dritten Lebensjahrzehnt erfuhr Elisabeths Persönlichkeit einen bemerkenswerten Wandel: aus der schüchternen, kindhaften Kaiserbraut wurde eine selbstbewusste und willensstarke Frau, die ihr Leben selbstbestimmt gestalten wollte.

Wenn Du auch recht böse und sekkant warst, so hab ich Dich doch so unendlich lieb, daß ich ohne Dich nicht sein kann.

Aus einem Brief Franz Josephs an Elisabeth; zitiert nach: Conte Corti, Egon Caesar: Elisabeth. Die seltsame Frau, Wien 1942, S. 163

Franz Xaver Winterhalter: Kaiserin Elisabeth in Balltoilette mit Diamantsternen im Haar, Ölgemälde, 1865

Georg Raab: Elisabeth als ungarische Königin, Ölgemälde, 1867

Nach den ersten Ehejahren glitt Elisabeth in eine Phase der Resignation ab. Versuchte sie anfangs noch, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen, verfiel sie bald in eine Art passiven Widerstands. Die rätselhafte Erkrankung Elisabeths, über die ab 1859 berichtet wird, kann man auch gewissermaßen als Flucht vor den bedrängenden Umständen sehen: Die junge Kaiserin nahm in Form langwieriger Kuraufenthalte „Urlaub“ vom Hofleben, das von ihrer Schwiegermutter dominiert wurde. Die Natur des Verhältnisses zwischen den beiden Frauen wurde von Biografen oft thematisiert. Der Konflikt war begründet im völlig konträren Zugang zu der Rolle einer idealen Kaiserin. Die ehrgeizige Sophie hatte auf diese Stellung bewusst verzichtet und ihr persönliches Glück den Vorgaben der Dynastie geopfert. Elisabeth hingegen war in diese Position hineingestolpert, und die Rolle einer Kaiserin blieb ihr zeitlebens fremd.

Elisabeth verbrachte das Winterhalbjahr 1860/61 auf Madeira, um sich körperlich und seelisch zu erholen. Sechs Monate später galt sie als geheilt, verschob ihre Rückkehr jedoch um einen weiteren Monat, um eine Mittelmeer-Kreuzfahrt zu unternehmen. Danach drängte Franz Joseph zur Heimkehr. Bald nach ihrer Rückkehr erlitt sie wieder einen Rückfall, sodass sie für vier Monate einen Aufenthalt auf Korfu nahm. Wieder drängte Franz Joseph auf eine Rückkehr, vor allem wegen der Kinder. Als Anreiz für eine Rückkehr ließ er auch die Kinder Gisela und Rudolf nach Venedig bringen, wo diese wieder nach langer Trennung mit der Mutter zusammentrafen.

Als Elisabeth 1861 an den Hof zurückkam, trat sie zur großen Überraschung aller Beteiligten als selbstbewusste Frau auf. Sie begann Freiräume für sich einzufordern: So setzte sie zum Beispiel getrennte Schlafzimmer durch, was am Wiener Hof für Eheleute ungewöhnlich war.

Auch entwickelte sich die Kaiserin zu einer blühenden Schönheit, nachdem sie als junge Kaiserbraut zwar als hübsch, vor allem aber als scheu und kindlich beschrieben worden war. Franz Josephs schwärmerische Liebe zu seiner Frau verstärkte sich – eine Zuneigung, die von Elisabeth nicht im gleichen Maß erwidert wurde. Dennoch war die Beziehung der beiden von großem Vertrauen und Respekt geprägt, wobei Elisabeth die abgöttische Liebe ihres Mannes durchaus für ihre Zwecke zu nutzen verstand.

Ein weiterer Wendepunkt in den Versuchen Elisabeths, eine gewisse Unabhängigkeit zu erreichen, war 1865 ihr Ultimatum an Franz Joseph wegen der problematischen Erziehungsvorgaben für ihren Sohn Rudolf. Elisabeth drohte mit Trennung, falls der strenge, militärische Drill, der der Natur des sensiblen Kindes nicht entsprach, nicht augenblicklich beendet werde. Sie setzte somit durch, dass die Erziehung nach bürgerlich-liberalen Kriterien gestaltet wurde, was am Wiener Hof einem Paukenschlag gleichkam.

In diese Jahre fallen auch die einzigen politischen Ambitionen Elisabeths, nämlich ihre massive Unterstützung für das Projekt des ungarischen Ausgleichs, der schließlich  1866/67 verwirklicht wurde. Elisabeth hegte zeitlebens eine große Begeisterung für die magyarische Sprache und Kultur. Sie bewunderte den Kampf der Ungarn für ihre Freiheit, und ihr lebhaftes Interesse für ungarische Angelegenheiten erklärt ihre dortige Popularität. Sie unterhielt ein sehr vertrautes Verhältnis zum späteren ungarischen Ministerpräsidenten Gyula Andrássy, das oftmals (und höchstwahrscheinlich unrichtigerweise) als romantische Beziehung verklärt wird.

Auch die Geburt von Elisabeths jüngster Tochter Marie Valerie, die 1868 mit zehnjährigem Abstand zu den ersten drei Kindern geboren wurde, steht im Zusammenhang mit der Ungarn-Begeisterung der Kaiserin. Marie Valerie wurde als „ungarisches Kind“ mit ungarischer Muttersprache erzogen, und von Elisabeth heiß geliebt und vergöttert. Die Kaiserin konnte nun ihre Mutterrolle ungehindert ausleben.

Martin Mutschlechner