Der Hof als 'Befreier' – Von Hofhandwerkern und hofbefreiten Handwerkern

Zunftbecher mit dem Zeichen der Schusterzunft von Iglau, Böhmen/Mähren 1722

Jacob La Mort de la Marre: Flinte, um 1680/1690

Per Freibrief waren die hofbefreiten Handwerker von der Maut entbunden und auch die Zölle wurden für sie reduziert – ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den Handwerkern, die in Zünften zusammengeschlossen waren.

Zunftbecher mit dem Zeichen der Schusterzunft von Iglau, Böhmen/Mähren 1722

Jacob La Mort de la Marre: Flinte, um 1680/1690

Hofbefreite Handwerker arbeiteten direkt für den Hof und genossen gegenüber ihren zünftisch organisierten Kollegen eine Reihe von Privilegien. Sie waren vom Zunftzwang, dem alle städtischen Handwerker unterlagen, befreit und durften in den Residenzstädten Werkstätten und Läden betreiben. Diese Privilegien waren nicht vererbbar und auf die Lebenszeit beschränkt. Für die zünftischen Handwerker wurden sie zu einer Konkurrenz, weil sie auch Gesellen einstellen und Lehrlinge ausbilden durften. Als Gegenleistung für die Privilegien mussten die hofbefreiten Handwerker mobil sein und dem Hof Leistungen und Produkte möglichst günstig überlassen. Außerdem konnte – zumindest theoretisch – ein Handwerker nicht gleichzeitig eine Hofbefreiung und das Bürgerrecht innehaben. Religion und Nationalität spielten in der Regel keine Rolle, was die Herkunft der Hofbefreiten zeigt: Für den Hof arbeiteten oberitalienische Rauchfangkehrer und Schweizer Stuckateure genauso wie französische Goldschmiede, ungarische Knopfmacher und armenische Kaffeesieder. Maximilian II. erließ eine eigene Ordnung, um dem starken Anwachsen der Zahl hofbefreiter Handwerker entgegenzuwirken. Aus den Hofbefreiten entwickelten sich später die k. k. Hoflieferanten.

Außerhalb der Zunft arbeiteten auch die Hofhandwerker, die Mitglieder des Hofstaats waren. Für ihre Anstellung war die Konfessionszugehörigkeit ausschlaggebend. Im Gegensatz zu den Hofbefreiten, die nur bei Bedarf arbeiteten, waren die Hofhandwerker bei Hof angestellt und erhielten fixe Löhne. Auf ihre Auszahlung mussten die Hofhandwerker jedoch bis zu zehn Jahre warten, wenn der Hof knapp bei Kasse war. Aus diesem Grund arbeiteten die Hofhandwerker auch für andere KundInnen, obwohl sie laut Vertrag dazu verpflichtet waren, ausschließlich für den Hof tätig zu sein.

Christina Linsboth