Das spirituelle Zentrum: Die Burgkapelle in der Hofburg

Chorschluss der Burgkapelle

Tedeum in der Hofburgkapelle, Kupferstich, nach 1740

Chorschluss der Burgkapelle - Nahansicht

In der Burgkapelle ist der mittelalterliche Charakter der Hofburg, der sonst von Umbauten späterer Zeiten verdeckt ist, am ehesten erkennbar. Die Kapelle war im Mittelalter der wohl repräsentativste Raum der Burg, die in erster Linie ein nüchterner Wehrbau war.

Chorschluss der Burgkapelle

Tedeum in der Hofburgkapelle, Kupferstich, nach 1740

Chorschluss der Burgkapelle - Nahansicht

Eine erste Kapelle in der Wiener Burg wird im Jahre 1296 erwähnt, als in einer habsburgischen Urkunde von einer "capella nostra castri nostri Wiennensis" (unsere Kapelle in unserer Wiener Burg) gesprochen wird. 1301 bezeichnet sich Herzog Albrecht I. als "fundator", also als Gründer der Kapelle. Die Lage dieser Kapelle ist nicht gesichert, es wird aber angenommen, dass sie sich bereits an der Stelle der heutigen Kapelle befunden haben könnte.

Die heutige Gestalt der Burgkapelle geht auf das 15. Jahrhundert zurück: Unter Albrecht V. wurde um 1424/26 mit dem Bau begonnen, der unter Friedrich III. um 1450 (die Weihe erfolgte 1449) fertiggestellt wurde. Die Kapelle wurde in späterer Zeit vollkommen von Gebäudetrakten des Schweizerhofes ummantelt, nur der Chorschluss ragt als einziger von außen sichtbarer Hinweis auf die Kapelle in den ehemaligen Graben (heute ein schmaler Innenhof) hinein. Bei Restaurierungen in den 1950er Jahren wurde ein durch spätere Zubauten verdeckter, reich verzierter Fassadengiebel gefunden. Die Kapelle bildete somit einen repräsentativen Akzent am ansonsten eher schmucklosen Baukörper der Burg.

Eine Beschreibung der mittelalterlichen Kapelle hat sich im Teilungsvertrag von 1458 zwischen Friedrich, Albert und Sigmund erhalten. Während die Trakte der Burg zwischen den Vertragspartnern aufgeteilt wurden, standen Kapelle und die beiden Sakristeien allen Teilhabern zur Nutzung offen. Daraus spricht die besondere Bedeutung der Kapelle, die den wertvollsten Teil der Burg darstellte: Wertvoll im spirituellen, aber auch im materiellen Sinn, denn die Sakristeien, "Sagrer" genannt, wurden als Schatzkammer und als Aufbewahrungsort für wichtige Briefe und Urkunden – also als Archiv – verwendet.

Von der ursprünglichen gotischen Innenausstattung hat sich als künstlerisch bedeutendster Teil eine Reihe von spätgotischen Pfeilerfiguren verschiedener Heiliger aus der Zeit Friedrichs III. erhalten, die nach einer Restaurierung 1977 in ihrer originalen Farbigkeit wiederhergestellt wurden.

Die Kapelle erfuhr als wichtigster innerhalb der Hofburg gelegener Schauplatz für die Ausübung von Akten der habsburgischen Gottesfurcht und Frömmigkeit, die ja als Haupttugenden der Dynastie stilisiert wurden, über die Jahrhunderte ständige Ergänzungen. Prägend für das Innere der Kapelle sind die zahlreichen Oratorien und Emporen, von denen die kaiserliche Familie und der Hof die Gottesdienste verfolgten. Zuletzt erfolgte im 19. Jahrhundert eine Regotisierung.

Ebenfalls in Verbindung mit der Burgkapelle steht die 1498 erfolgte Gründung der Hofmusikkapelle durch Maximilian I. Die aus Instrumentalisten, Sängern und Chorknaben bestehende Hofmusik war ursprünglich vornehmlich zur Begleitung geistlicher Zeremonien gedacht und prägte das Musikleben Wiens bis ins 18. Jahrhundert entscheidend.

1918 wurde die Hofmusik aufgelassen; Der Knabenchor, der ausschließlich für die musikalische Untermalung der Gottesdienste gedacht war, wurde jedoch auf Privatinitiative als Verein unter dem Namen "Wiener Sängerknaben" weitergeführt. Heute mit einem weltlichen Repertoire auf internationalen Konzertbühnen unterwegs, singt dieser Knabenchor gemäß der ursprünglichen Gründungsintention weiterhin bei Messen in der Hofburgkapelle .

Martin Mutschlechner