Das Nikolausfest

Erzherzogin Isabella: Nikolobescherung, Gouache 1762

Am 6. Dezember wird in Mitteleuropa seit jeher das Fest des Hl. Nikolaus begangen, das bedeutendste der vorweihnachtlichen Feste.

Erzherzogin Isabella: Nikolobescherung, Gouache 1762

Das Nikolausfest gehört auch zu den ältesten überlieferten Festbräuchen und wird seit jeher als Kinderfest begangen, wobei dem Hl. Nikolaus als gutem Gegenpart zum gefürchteten Krampus bis heute eine besondere "pädagogische Rolle" zufällt. Da Weihnachten lange Zeit vor allem ein kirchliches Fest war – Weihnachten als Fest der Familie, an dem die Kinder reichlich beschenkt werden, ist eine "Erfindung" der Biedermeierzeit – , war es der Heilige Nikolaus, der den Kindern Geschenke brachte.

Dieser Brauch wurde in allen sozialen Schichten geübt, und ist auch für die kaiserliche Familie überliefert: Bei Hofe verteilte man die Geschenke am Abend des 5. Dezembers ("St.Nicolaus-Einlegung"), am 6. Dezember besuchte die kaiserliche Familie eine Andacht bei den Klosterfrauen zu St. Nikolaus, ein unter Joseph II. aufgehobenes Nonnenkloster in der Wiener Singerstraße.

Erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang auch die bekannte Darstellung eines Nikolausfestes, die die Schwiegertochter Maria Theresias, Erzherzogin Isabella, im Jahre 1762 eigenhändig angefertigt hat. In einem intimen Wohnraum finden unter wohlwollenden Blicken der kaiserlichen Eltern einige Kinder Maria Theresias Gaben in ihren Schuhen vor. Diese Szene wurde oftmals als Beweis für das geradezu bürgerliche Familienleben der Habsburger zitiert. Neuere Forschungen haben jedoch niederländische Stichvorlagen entdeckt, denen Isabella bis ins kleinste Detail folgte. Da Ausstattung und Darstellungsweise auf diesem Bild in keinster Weise mit dem zeremoniellen Leben bei Hofe in Einklang zu bringen sind, nimmt man heute an, dass es sich bei dieser Szene des Nikolausfestes um eine Art spielerische Annäherung an ein gerade in der Zeit der Aufklärung in Entstehung begriffenes bürgerliches Familienideal handelt. Man vergleiche dazu die Schäferspiele des Rokoko, wo sich der Adel aus der erstarrten Welt des höfischen Zeremoniells in die scheinbare Idylle des Landlebens flüchtete.

Bei genauerer Betrachtung der Szene bemerkt man einige Details, die auch heute noch mit dem Nikolausfest in Verbindung gebracht werden. So sind zum Beispiel die Schuhe mit Süßigkeiten und Spielzeug gefüllt; während eines der Mädchen sich über eine neue Puppe freut und der kleine Bub in der Mitte sich über das Zuckerwerk hermacht, bekommt der größere Bub links vorne nur eine Rute im Schuh.

Martin Mutschlechner