Böhmen und Ungarn erheiraten: Eine Wiener Doppelhochzeit

Bernhard Strigel: König Ludwig II. von Ungarn als Knabe, nach 1515

Kaiser Ferdinand I. im Alter von zehn oder zwölf Jahren, um 1520

Mit Glück und der Verheiratung von vier Kindern kamen die Habsburger an Böhmen und Ungarn – und zur jahrhundertelangen Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich.

Bernhard Strigel: König Ludwig II. von Ungarn als Knabe, nach 1515

Kaiser Ferdinand I. im Alter von zehn oder zwölf Jahren, um 1520

Burgund und Spanien reichten Maximilian I. nicht, er wollte auch Böhmen und Ungarn unter die Herrschaft der Habsburger bringen. Nachdem Matthias Corvinus 1490 gestorben war und die Ungarn wieder aus Österreich verdrängt worden waren, schloss Maximilian einen Vertrag mit dem Jagiellonen Wladislaw II., dem neuen Herrscher über Böhmen und Ungarn. Dieser Vertrag hatte die habsburgische Übernahme der ungarischen Stephanskrone zum Ziel. Zur Bekräftigung des Bündnisses und zum gemeinsamen Auftreten gegen die aufbegehrenden ungarischen Stände schloss Maximilian einen doppelten Ehevertrag mit den Jagiellonen: Ludwig, der Sohn Wladislaws II., sollte von Maximilian adoptiert werden und Maria, die Enkelin Maximilians, heiraten. Ludwigs Schwester Anna sollte einen der beiden Enkel Maximilians, Ferdinand oder Karl, ehelichen. Ein Problem an diesem Plan war, dass Karl schon vergeben war und Ferdinand Thronfolger in Spanien werden sollte.

1515 fand in Wien im Rahmen eines Fürstentages die prunkvolle Doppelhochzeit im Stephansdom statt: Ludwig und Maria, beide erst neunjährige Kinder, tauschten wie geplant die Ringe. Die zwölfjährige Anna heiratete der 56-jährige Kaiser Maximilian als Stellvertreter, mit der Auflage, dass innerhalb eines Jahres einer seiner beiden Enkel die Braut übernehmen konnte. Und das geschah dann auch, da Karl die Thronfolge in Spanien übernahm und Ferdinand dadurch für die ungarische Heirat frei wurde.

Nach dieser Wiener Doppelhochzeit war freilich noch nicht gesichert, dass die Habsburger tatsächlich das Erbe Böhmens und Ungarns antreten würden. Das machte erst elf Jahre später neuerlich ein Todesfall möglich: 1526 starb Ludwig, nunmehr König von Böhmen und Ungarn, nach der Schlacht bei Mohács gegen die Türken. Damit fielen die beiden Länder – zumindest theoretisch – an die Habsburger. Die ungarischen Stände waren mit dieser Lösung unzufrieden, sie fürchteten um ihre verbrieften Rechte und wählten einen Gegenkönig: So wurden der Habsburger Ferdinand I. und der ungarische Adelige Jan Szapolyai beide Könige. Es folgten ein Bürgerkrieg gegen die ungarische Gegenpartei und jahrhundertelange Auseinandersetzungen mit den Osmanen, die nun zu Habsburgs direkten Nachbarn geworden waren. Für eineinhalb Jahrhunderte war Ungarn dreigeteilt, und erst nach fast 200 Jahren Krieg gegen die Türken gelangte ganz Ungarn an der Wende zum 18. Jahrhundert tatsächlich an die Habsburger.

Stephan Gruber