Karl VI. und die Pragmatische Sanktion

Kaiser Karl VI., um 1720/30

Seine Erfahrungen angesichts des Zerfalls der Spanischen Monarchie, als das ehemalige Weltreich nach dem Aussterben der Herrscherdynastie filetiert wurde, bewogen Karl dazu, derartiges für die österreichische Monarchie zu verhindern.

Kaiser Karl VI., um 1720/30

Das Ergebnis der Bemühungen war die Pragmatische Sanktion. Dieses Vertragswerk war nicht primär auf die Regelung der Erbfolge in weiblicher Linie, wie oft fälschlich behauptet wird, ausgerichtet – die Sanktion wurde schließlich 1713 erlassen, als Karl noch kinderlos und die Hoffnung auf einen männlichen Nachfolger noch lange nicht aufgegeben war. Die Hauptintention war, die staatsrechtliche Grundlage für die Unteilbarkeit der Monarchie zu schaffen. Diese war ein heterogenes Konglomerat verschiedener Territorien, Königreiche und Länder, das nur an der Spitze durch einen gemeinsamen Monarchen zusammengehalten wurde. Ansonsten herrschten in den verschiedenen Ländern der Monarchie unterschiedliche Rechtstraditionen und Erbfolgeregelungen.

Die Monarchie sollte laut den Bestimmungen der Pragmatischen Sanktion nun zusammengefasst und als Gesamtstaat unteilbar und untrennbar – oder wie es im lateinischen Original heißt: indivisibiliter ac inseparabiliter – sein. Die Pragmatische Sanktion blieb bis 1918 grundlegendes verfassungsrechtliches Fundament der Habsburgermonarchie.

Die diplomatische Absicherung dieses Rechtswerkes war nun für die verbleibenden 27 Regentschaftschaftsjahre Karls das bestimmende Thema. Innerhalb der Monarchie mussten die einzelnen Ständegemeinden der Kronländer zustimmen, was ein kleineres Problem darstellte. Denn Karl wollte sich auch außenpolitisch absichern und war bereit, teilweise weitgehende Zugeständnisse zu machen.

Als Karl VI. schließlich 1740 ohne männlichen Thronerben starb, hinterließ er seiner Erbtochter Maria Theresia ein kompliziertes Erbe: Es umfasste ein geschwächtes Großreich, marode Staatsfinanzen und eine reformbedürftige Armee. Die Machtübernahme durch seine Tochter stützte sich auf eine Vielzahl von innen- und außenpolitischen Verträgen und Abmachungen, deren praktischer Wert sich angesichts des ausbrechenden Österreichischen Erbfolgekrieges als gering erweisen sollte. Die junge Herrscherin konstatierte bitter, dass ihr Vater sie ohne Gold, ohne Soldaten und ohne Rat, wie es weiter gehen sollte, verlassen habe.

Martin Mutschlechner