Zurück zur Natur – Erzherzog Johann und der Tiroler Garten in Schönbrunn

Johann Huber (nach Johann Peter Krafft): Erzherzog Johann am Hochschwab, Ölgemälde, 1839

Hieronymus Löschenkohl: Ansicht des Tirolerhofes, um 1805

Kaiser Franz Joseph in Jägertracht. Illustration nach Foto von Charles Scolik jr., 1900

Die Habsburger hatten schon immer einen grünen Daumen. Kaiser und Erzherzoge scheuten sich nicht, auch einmal selbst als Gärtner eine Schaufel oder einen Rechen in die Hand zu nehmen. Manche Mitglieder des erlauchten Erzhauses gefielen sich gar in der Rolle des einfachen unverbildeten Landmenschen.

Johann Huber (nach Johann Peter Krafft): Erzherzog Johann am Hochschwab, Ölgemälde, 1839

Hieronymus Löschenkohl: Ansicht des Tirolerhofes, um 1805

Kaiser Franz Joseph in Jägertracht. Illustration nach Foto von Charles Scolik jr., 1900

Die Sehnsucht nach "unverfälschter Natur" in der Romantik war eine Reaktion auf die Industrialisierung und den gesellschaftlichen Wandel im Gefolge der Aufklärung und der Französischen Revolution. Ein neuer Blick auf  die Natur entstand – in der Natur sah man nicht mehr den bedrohlichen Feind des Menschen, sondern Idylle.

Die Alpen rückten nun in den Blickpunkt der zivilisationsmüden Eliten. Dort glaubte man die wahre, unverfälschte Koexistenz zwischen Mensch und Natur zu erkennen. Besonders Erzherzog Johann ist bis heute für seine lebenslange Verbindung mit den österreichischen Alpen und ihren BewohnerInnen berühmt. Ihm ist zu verdanken, dass Versatzstücke der alpinen Tracht wie Lederhose und Lodenjanker nun auch von Mitgliedern des Kaiserhauses oft und gerne getragen wurden.

Dieser Habsburger ließ als Ausdruck seiner Wertschätzung für das Landleben im Schönbrunner Park den Tirolerhof als Miniaturbauernhof errichten. Er plante dabei aber nicht nur alpines Milchvieh weiden zu lassen. Ein Senner, "groß und wohl gewachsen […] von gutem sittlichen Betragen, hauptsächlich von strenger Treue und ächt schweyzerischem Sinne, kurz ein Alpenhirte", der auch auf dem Alphorn blasen und in Landestracht gekleidet sein sollte, hätte dem erzherzoglichen Streben nach Authentizität entsprochen.

Weniger skurril, sondern durchaus dem Gebot der Nützlichkeit für die Allgemeinheit entsprach die Anlage des Tirolergartens, der aus Heilkräuter- und Nutzgärten sowie Obstpflanzungen bestand, deren Ergebnisse im Bereich Züchtung und Veredelung in Form von Samen und Ablegern unentgeltlich an Interessierte abgegeben wurden.

Der Schönbrunner Tirolerhof ist in seiner ursprünglichen Form nicht mehr erhalten, an seiner Stelle erhebt sich heute eine Nachbildung, die als Ausflugsgasthof genutzt wird. In unmittelbarer Nachbarschaft betreibt der Schönbrunner Zoo in einem eigens nach Wien transferierten historischen Tiroler Gehöft einen Bauernhof in der Großstadt. Erzherzog Johann hätte sicherlich seine Freude daran.

Martin Mutschlechner