Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte

Melchior Khlesl, Porträtstich, 17. Jahrhundert

Wie sehr die Gegenreformation mit politischen Interessen verbunden war, zeigt sich besonders deutlich an der Figur von Melchior Khlesl, dem Hintermann im habsburgischen Bruderzwist.

Melchior Khlesl, Porträtstich, 17. Jahrhundert

Im Bruderzwist zwischen Rudolf II. und Matthias nahm der spätere Kardinal Melchior Khlesl eine wichtige Position ein. Als Geheimer Rat fungierte der vom Protestantismus zum Katholizismus Konvertierte ab 1590 am Prager Hof Rudolfs II. und trat etwa 10 Jahre später in den Dienst von dessen Bruder Matthias, der zu diesem Zeitpunkt noch kaiserlicher Statthalter von Ober- und Niederösterreich war. In dieser Funktion versuchte Khlesl, den politischen Einfluss der Protestanten auszuschalten: Er entließ sämtliche evangelische Hofbeamte und ersetzte sie durch katholische. Khlesl selbst zog von Stadt zu Stadt und verordnete der Bevölkerung den Kirchengang, wenn nötig mit Gewaltanwendung: Seine "Reformkommissionen" wurden von Soldaten begleitet. Khlesl forderte die Bevölkerung auf, sich protokollarisch zum Katholizismus zu bekennen oder auszuwandern. Viele Protestanten emigrierten daher nach Franken, Nürnberg oder Regensburg. Oder sie konvertierten, um den Familienbesitz zu erhalten. Für die Habsburger bedeutete dies eine Stärkung ihrer politischen Macht, die Zugehörigkeit zur katholischen Konfession stellte eine Voraussetzung für den Eintritt in die höfische Gesellschaft dar.

Gleichzeitig riet Khlesl Matthias allerdings auch, sich mit den evangelischen Ständen zu verbünden und in Prag bei seinem Bruder Rudolf II. einzufallen. Obwohl Rudolf II. im Gegenzug den böhmischen Protestanten im so genannten "Majestätsbrief" Religionsfreiheit zusagte, um sie auf seine Seite zu ziehen, gelang es Matthias, zweimal Prag anzugreifen.

Khlesl hatte sich bei Freund und Feind gleichermaßen unbeliebt gemacht, bis zum Prager Fenstersturz 1618 hielt er jedoch an seiner 'Ausgleichspolitik' fest. Während der Papst seine Politik im Bruderzwist honorierte − er wurde 1614 zum Wiener Bischof ernannt −, verlor er allmählich die Gunst der katholischen Habsburger. Schließlich wurde er auf Befehl des Kaiserbruders Erzherzog Maximilian III. von Tirol und Erzherzog Ferdinand 1618 in der Wiener Hofburg verhaftet und nach Tirol überstellt; 1627 konnte er dann wieder das Bischofsamt in Wien antreten.

Anita Winkler