Weihnachten im Wandel

Die Bräuche rund um den Weihnachtstag waren nicht immer ident mit denen, die wir heute mit Weihnachten in Zusammenhang bringen. Dass es zu Weihnachten nicht immer ruhig und beschaulich zuging, darüber erzählen viele Schilderungen aus dem barocken Wien.

Die längste Zeit stand die Christmette im Mittelpunkt des Weihnachtsfestes, da man vor der Biedermeierzeit weder Christbaum noch Bescherung als intimes Fest im Familienkreis kannte. Rund um die Mette bildete sich eine ganze Reihe von volkstümlichen Unterhaltungen aus: Hirtenoratorien und Krippenspiele wurden aufgeführt, aufwändige Krippen – oft in imposanten Dimensionen und mit mechanischen Spielereien versehen – wurde in den Kirchen zur Schau gestellt. Auch in die Mette selbst flossen oft recht profane Töne ein: So wird berichtet, dass in die musikalische Untermalung des Festgottesdienstes Teile von populären Opern eingearbeitet wurden, und man so mit Erfolg versuchte, die Bevölkerung in die Kirchen zu locken. Seit dem 18. Jahrhundert wurde es auch üblich, dass rund um die Kirchen in Buden Krippenfiguren und wächserne Christkindln, Äpfel und Nüsse, aber auch Spielzeug, das man den Kindern mit nach Hause brachte, zum Verkauf angeboten wurden. Die ersten Christkindlmärkte waren geboren.

Seit jeher versammelte man sich in geselligen Runden, und unterhielt sich auf vielfältige Weise bis zum gemeinsamen Gang zur Christmette. Die Abendunterhaltung vor der Christmette war oft auch mit einem üppigen Mahl verbunden. Oft überdeckte die gesellschaftliche Unterhaltung den religiösen Charakter der Christmetten, sodass die Obrigkeit in der Zeit der Aufklärung in diesem bunten Treiben zunehmend eine Gefahr für den Anstand sah. Aus dieser Zeit stammen folgende Schilderungen, die sich über die lockeren Sitten der Wiener am Weihnachtsabend beklagen: In Wien gäbe es wohl keine Familie, die nicht tagsüber faste, um den Weihnachtsabend dann umso mehr mit Festgelagen zu verbringen: "Da geht’s Fressen und Saufen an, als wäre man auf dem letzten Faschingsballe. Und nun, wenn man sich zur Ehre Gottes vollgefressen, da geht’s Spielen an."

Typische Spiele waren die im volkstümlichen Aberglauben verankerten Orakelbräuche wie Bleigießen (das heute v. a. zu Silvester gepflegt wird), aber auch Schuhwerfen, wobei das Mädchen, dessen Schuh nach dem Wurf mit der Spitze zur Türe schaute, als Heiratskandidatin galt. Überhaupt galten die langen Rauhnächte als geeigneter Zeitpunkt, die Zukunft zu befragen.

Angeheitert und in bester Laune würde dann die Festgesellschaft anschließend in die Christmette wanken: Beim Aufbruch zur Mette "… langen die Bengel um ihre Hüte, die Mädchen um ihre Pelzchen, man hängt sich Arm in Arm, neckt sich auf den Treppen, treibt Späße, hüpft trillernd über die Gasse, bewirft sich mit Schneebällen und langt endlich, vor Lachen halb außer Atem, auf den Ball - nein! in der Kirche an."

Martin Mutschlechner