Reichart Weidenpusch: Herzog
 Siegmund von Österreich-Tirol, Abbildung auf einem Modell für einen geplanten Guldiner, 1483

Siegmund „der Münzreiche“

Reichart Weidenpusch: Herzog
 Siegmund von Österreich-Tirol, Abbildung auf einem Modell für einen geplanten Guldiner, 1483

Unter der Regentschaft Siegmunds erlebte das Land Tirol im Spätmittelalter eine Blütezeit. Zu Beginn musste der Tiroler Habsburger noch mit den Nachwirkungen der Streitigkeiten zwischen den habsburgischen Linien kämpfen.

Reichart Weidenpusch: Herzog
 Siegmund von Österreich-Tirol, Abbildung auf einem Modell für einen geplanten Guldiner, 1483

Siegmund war das einzige überlebende Kind aus der Ehe von Herzog Friedrich IV. von Tirol mit dessen zweiter Gemahlin, Anna von Braunschweig-Lüneburg. Nachdem der Knabe mit fünf Jahren die Mutter, mit zwölf den Vater verloren hatte, übernahm sein älterer Cousin Friedrich V. (der spätere Kaiser Friedrich III.) die Vormundschaft und Regierung in Tirol. Siegmund wuchs in Graz am Hofe Friedrichs auf, wo er in Kontakt mit humanistischen Strömungen kam. Einer seiner Lehrer war Friedrichs Sekretär, der Italiener Enea Silvio Piccolomini, der später als Papst Pius II. Oberhaupt der Römischen Kirche werden sollte.

Friedrich versuchte, die Volljährigkeitserklärung und damit die Übergabe Tirols an sein Mündel so lang wie möglich zu verzögern – auch weil er dieselbe Erfahrung seinerzeit als Mündel von Siegmunds Vater Friedrich IV. gemacht hatte. Als er 1443 am Tiroler Landtag verkündete, die Übergabe mit dem angeblichen Einverständnis des damals 16-jährigen Siegmunds um drei Jahre zu verschieben, kam es zu tumultartigen Szenen. In der Folge gingen die Tiroler Stände, allen voran die Städte, auf Konfrontationskurs zu Friedrich.

1446 konnte Siegmund schließlich sein Erbe antreten, wenn auch geschmälert. Denn Friedrich hatte seinen jüngeren Bruder Albrecht VI., der energisch einen Anteil an der Regentschaft forderte, mit den Vorlanden abgefunden. Somit blieb Siegmund nur das eigentliche Tirol samt den Herrschaften vor dem Arlberg, dem Kern des späteren Bundeslandes Vorarlberg. Nach dem Tod Albrechts 1463 erhielt er schließlich auch die Vorlande.

Als Regent versuchte er, die landesfürstlichen Rechte auf kirchliche Enklaven, vor allem das Herrschaftsgebiet des Bischofs von Brixen, zu erweitern. Die Gebiete unter bischöflicher Jurisdiktion lagen in einer komplizierten Gemengelage im südlichen und östlichen Tirol verstreut. Der Fürstbischof von Brixen galt als Reichsfürst, seine Territorien standen aber unter der Vogtei des Grafen von Tirol – und nahmen somit eine reichsrechtliche Zwitterstellung mit hohem Konfliktpotenzial ein. Vor allem in der Gestalt des Bischofs Nikolaus Cusanus fand Siegmund einen streitbaren Gegner.

Generell gilt die Regentschaft Siegmunds als positive Epoche in der Tiroler Geschichte: Es kam zu einer Konsolidierung der Machtverhältnisse, die Wirtschaft erlebte eine Blüte dank des florierenden Italienhandels über die Alpenpässe, von dem Siegmund aufgrund hoher Zölle und Mauten enorm profitierte. Der Beiname Siegmund „der Münzreiche“ geht auf seine Reform der Münzwesens zurück: Als Herr über die reichen Silbervorkommen im Tiroler Bergbauort Schwaz verfügte er über eine schier unerschöpfliche Quelle des Reichtums und initiierte die Prägung einer neuen Silbermünze, des sogenannten Guldiners. 

Martin Mutschlechner