Otto Habsburg-Lothringen zusammen mit Mitgliedern des Heimatschutzes Botho Coreth, Arthur Karg von Bebenburg und Peter Revertera-Salandra bei deren Besuch zum Zweck legitimistischer Angelegenheiten in Steenockerzeel, 1935

Otto Habsburg-Lothringen in Frack und Vliessorden vor der Kulisse von Schönbrunn, Farbige Postkarte

Otto und der Austrofaschismus

Otto Habsburg-Lothringen zusammen mit Mitgliedern des Heimatschutzes Botho Coreth, Arthur Karg von Bebenburg und Peter Revertera-Salandra bei deren Besuch zum Zweck legitimistischer Angelegenheiten in Steenockerzeel, 1935

Otto Habsburg-Lothringen in Frack und Vliessorden vor der Kulisse von Schönbrunn, Farbige Postkarte

Die Dreißiger Jahre brachten Habsburgs Rückkehr auf die politische Bühne des Landes in einer aktiven Rolle. Ein umstrittenes Kapitel in Ottos Biografie ist bis heute seine exponierte Position im Austrofaschismus. Eindeutig positiver wird sein Engagement im österreichischen Auslandswiderstand gegen das NS-Regime gesehen.

Otto Habsburg-Lothringen zusammen mit Mitgliedern des Heimatschutzes Botho Coreth, Arthur Karg von Bebenburg und Peter Revertera-Salandra bei deren Besuch zum Zweck legitimistischer Angelegenheiten in Steenockerzeel, 1935

Otto Habsburg-Lothringen in Frack und Vliessorden vor der Kulisse von Schönbrunn, Farbige Postkarte

In Österreich etablierte sich nach der Auflösung des Parlamentes im Mai 1934 ein autoritäres Regime, das sich nach dem Vorbild des faschistischen Italiens richtete. Der Österreichische Ständestaat wurde zum Feindbild des linken wie des nationalsozialistischen Lagers, die beide in den Untergrund gedrängt worden waren.

Otto stilisierte sich zur führenden Figur eines eigenständigen, katholisch geprägten Österreichs, das sich als Gegenpol zur NS-Ideologie verstand, die sich im Lande zunehmend verbreitet hatte und deren wachsende Anhängerschaft einen Anschluss an Hitler-Deutschland forderte.

Der Kaisersohn signalisierte seine Bereitschaft, aus dem Exil nach Österreich zurückzukehren und die Regierung zu übernehmen als demonstratives Zeichen eines unabhängigen Österreichs. Kurt Schuschnigg, der das Amt des Bundeskanzlers des autoritär geführten Staates innehatte, stand dem monarchistischen Gedanken durchaus nahe. Dennoch zögerte er, da die Rückkehr Habsburgs in den Augen der Staaten der Kleinen Entente als feindlicher Akt gesehen wurde und auch Hitler einen Grund für einen deutschen Einmarsch bieten würde.

Otto stand damals in ständigem Kontakt mit Schuschnigg und versuchte vergeblich eine Aussöhnung mit den Sozialisten herbeizuführen, in denen er die verlässlichsten Verbündeten gegen den Nationalsozialismus sah. Er warnte vor einer Annäherung an Nazi-Deutschland und wollte im Ständestaat das kleinere Übel angesichts der nationalsozialistischen Bedrohung erkennen. Otto versuchte sich in der Rolle des kleinsten gemeinsamen Nenners für die verfeindeten Lager der Sozialisten und Konservativen.

Die Schuschnigg-Regierung antwortete auf Ottos Engagement mit einem Entgegenkommen, was die rechtliche Stellung der ehemaligen Herrscherdynastie betraf. Am 10. Juli 1935 wurden die Habsburgergesetze zurückgenommen. Man begann mit der Restitution des konfiszierten Vermögens, und Otto erhielt die Erlaubnis zur Einreise.

Nachdem Schuschnigg am 12. Februar 1938 von Hitler in Berchtesgaden zur Unterzeichnung eines Abkommens mit Deutschland gezwungen wurde, das einer Auflösung der Eigenständigkeit Österreichs gleichkam, riet ihm Otto zum Rücktritt und bot sich selbst in einem offenen Brief als Bundeskanzler an.

Als letzten Schritt kündigte Schuschnigg eine Volksabstimmung an, die über die Zukunft Österreichs als eigenständigen Staat entscheiden sollte. Bevor es dazu kam, marschierte in der Nacht vom 11. zum 12. März 1938 die deutsche Armee ein. Das Unternehmen des Einmarsches wurde bezeichnenderweise unter dem Codewort „Fall Otto“ durchgeführt.

Otto legte offiziell Protest ein und ging nach Paris, wo er zunächst publizistisch für ein unabhängiges Österreich kämpfte. Viele seiner Parteigänger im Land wurden von den Nazis verhaftet und ins KZ verschickt. Der exilierte Kaisersohn sammelte politische Mitstreiter um sich, die aus Österreich flüchten mussten und wurde zur Symbolfigur des österreichischen Auslandswiderstandes im Westen. Im Gegenzug wurde Otto von Hitler zum Hochverräter erklärt und steckbrieflich gesucht.

1940 unternahm Otto eine Reise in die USA und versuchte in Gesprächen, Reden und Vorträgen Österreich als Opfer der Aggression Hitlers darzustellen. Den Höhepunkt bildeten eine Rede vor dem Kongress und zwei Gesprächstermine mit Präsident Roosevelt. Otto setzte sich für ein unabhängiges Österreich ein und vertrat die Idee einer Donauföderation der Völker Mitteleuropas als einzige Möglichkeit, dem Vormarsch des Kommunismus Einhalt zu gebieten.

Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Europa im Mai 1940 musste er vor dem deutschen Einmarsch in Belgien und Frankreich flüchten. Otto fand Asyl in den USA, wo er ab 1941 in Washington lebte, um den Kontakt zu Regierungskreisen aufrecht halten zu können. Unterstützt von Geschwistern und Verwandten entwickelte er sich zu einem Lobbyisten für die Wiedererrichtung Österreichs nach Kriegsende. Seine Versuche, eine österreichische Exilregierung zu bilden, scheiterten am Widerstand der Sozialdemokraten, die eine Mitwirkung unter dem Vorsitz des Kaisersohnes ablehnten.

Unmittelbar nach Kriegsende versuchte er in Österreich politisch Fuß zu fassen. In Innsbruck, wo er begeistert empfangen wurde, startete er eine Agitation gegen die Regierung Renner in Wien, die er als verlängerten Arm Stalins ansah. Seine politische Tätigkeit in Österreich scheiterte aber am Druck der Sowjetunion, sodass er das Land Anfang 1946 wieder verlassen musste. In der Zwischenzeit waren auch die Habsburgergesetze wieder in Kraft gesetzt worden.

Otto setzte seine politische Tätigkeit in Westeuropa fort, wo er für ein freies Europa der westlichen und christlichen Werte kämpfte, wobei er vor allem gegen das Verschwinden Ostmitteleuropas hinter dem Eisernen Vorhang protestierte.

Martin Mutschlechner