Menschenleere Landstriche – Bevölkerungsentwicklung und bäuerliche Produktion

Cornelis Bega: Bauern in der Stube, um 1660

Fischereiordnung Maximilians I., 1506

Da sich die ländliche Bevölkerung zu besseren Böden aufmachte, blieben ganze Siedlungen nach der Pest leer zurück und die landwirtschaftliche Produktion veränderte sich.

Cornelis Bega: Bauern in der Stube, um 1660

Fischereiordnung Maximilians I., 1506

Die europäische Bevölkerung wuchs bis Mitte des 14. Jahrhunderts kontinuierlich an. Da der Getreideanbau nicht beliebig ausgedehnt werden konnte, stiegen die Getreidepreise ebenso kontinuierlich. Durch den Bevölkerungsschwund während der Pest 1348/49 ging die Nachfrage nach Getreide zurück, es kam zu einem regelrechten Preissturz und einer Agrarkrise. Die Löhne und Preise für gewerbliche Produkte hingegen wuchsen aufgrund der pestbedingten Knappheit an Arbeitskräften deutlich.

Bedingt durch die geringere Nachfrage und die sinkenden Getreidepreise verließen viele Bauern, die bisher in Gebiete mit den schlechtesten Bodenbedingungen ansässig waren, ihre Höfe. Nicht nur einzelne Häuser, ganze Siedlungen und landwirtschaftliche Flächen wurden aufgegeben, sodass sogenannte 'Wüstungen' entstanden. Vor allem im Gebirge sanken die Siedlungsdichte bzw. -grenze. Zu Wüstungen kam es regional sehr unterschiedlich: Besonders im Osten des heutigen Österreichs fielen die Wüstungen mit rund elf Prozent der Anwesen zahlreicher aus. In Tirol hingegen konnten sich aufgrund des Fernhandels und Bergbaus im Spätmittelalter neue Ballungszentren entwickeln.

Bevölkerungs- und Preisentwicklung hatten auch Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion: Die ländliche Bevölkerung ergänzte den Getreideanbau mit Buchweizen und legte neue Kulturen wie Flachs, Hopfen, Mohn, Raps, Obst, Wein und Senf an. Zudem dehnte sie die Fisch-, Fleisch- und Milchwirtschaft aus. Da beispielsweise fettreichere Speisen bevorzugt wurden, avancierte Butterschmalz zu einem wichtigen Produkt. Mit neuen Geräten wie der Butterstampfe und später dem Butterfass konnten größere Mengen hergestellt werden. Um ihr Einkommen zu erhöhen, gingen große Teile der bäuerlichen Bevölkerung auch einem Nebenerwerb nach. Dazu zählten Fuhrdienste, Tätigkeiten als Holzknecht, Müller und Schmied, hausindustrielle Produktion wie Flechten, Schnitzen, Spinnen, Weben und Besenbinden.

Christina Linsboth