Massenware am kaiserlichen Hof – Einige Kennzeichen industrieller Produktion

Demonstrationsstühle der Firma Thonet für die Wiener Weltausstellung 1873

Carl Wilhelm von Brevillier: Musterkarte für Holzschrauben, 1837

Joseph Glanz: Galanteriewaren aus Eisenguss (Ohrgehänge), 1839

Billige Produkte durch massenweise Produktion brachte die industrielle Fertigung des 19. Jahrhunderts – darunter war auch der wohl berühmteste Kaffeehausstuhl der Welt.

Demonstrationsstühle der Firma Thonet für die Wiener Weltausstellung 1873

Carl Wilhelm von Brevillier: Musterkarte für Holzschrauben, 1837

Joseph Glanz: Galanteriewaren aus Eisenguss (Ohrgehänge), 1839

Das Möbelstück, das wohl am häufigsten mit einem Wiener Kaffeehaus assoziiert wird, ist der Thonet-Stuhl. Das Besondere daran waren die neue Herstellungsweise – sie wurden aus gebogenem Holz gemacht – und die Serienproduktion. Um sein großes Warenangebot auch bekannt zu machen, inserierte Michael Thonet in verschiedenen Zeitungen. Seine Produkte waren derart beliebt, dass die Firma Gebrüder Thonet ein internationales Vertriebssystem aufbaute und Niederlassungen unter anderem in Amsterdam, Prag, Moskau und New York eröffnete. Ende der 1840er Jahre bestellte der kaiserliche Hof bei ihm, denn Ferdinand I. ließ die Prager Burg, auf die er sich nach seiner Abdankung während der Revolution von 1848 zurückgezogen hatte, neu ausstatten.

Die Thonet-Stühle sind ein Beispiel für die Veränderungen, welche die industrielle Produktion im 19. Jahrhundert hervorbrachte. Darunter fallen die Herstellung der Waren in Fabriken, die Verwendung von Maschinen und Motoren und die massenhafte Herstellung. Die Industrialisierung wurde lange Zeit recht positiv bewertet, ohne die sozialen 'Begleiterscheinungen' wie die Verarmung großer Bevölkerungsschichten, das Wohnungselend oder die schlechten Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen. Während die einen ZeitgenossInnen die Segnungen der Technik anpriesen, standen ihr die anderen sehr ablehnend gegenüber. Vor allem die Handwerker fürchteten sich vor der Konkurrenz der Fabriken und Motoren und trauerten der 'guten alten Zeit' nach. Tatsächlich verdrängte die Industrialisierung einige Gewerbe wie die Nagelschmiede oder Weber, welche durch die Erfindung der Stiftschlagmaschine und des mechanischen Webstuhls in Bedrängnis gerieten. Während einige Handwerker ihre Aufgabenbereiche verlagerten und sich auf die Zulieferung an Fabriken oder die Reparatur spezialisierten, waren andere Gewerbe wie die Bäcker von der Industrialisierung vorerst gar nicht betroffen. Im Zuge der technischen Entwicklung entstanden auch neue Berufe wie die des Elektrikers oder Fotografen.

Christina Linsboth