Gott erhielt den Kaiser – Wien die Votivkirche

J. J. Reiner: Das Attentat auf Kaiser Franz Joseph I. am 18. 2. 1853, 1853, Ölgemälde

"Schotten-Ring: Vorstadtseite mit der Votivkirche"

Erzherzog Ferdinand Maximilian im Ornat des Goldenen Vlieses mit dem Grundriss der Votivkirche. Lithographie nach Ferdinand Laufberger, 2. Hälfte 19. Jahrhundert

Die Wiener Votivkirche wird aus Anlass eines missglückten Attentats auf Kaiser Franz Joseph errichtet. Ihre Baugeschichte reflektiert auch den Nationalitätenkonflikt in der Monarchie.

J. J. Reiner: Das Attentat auf Kaiser Franz Joseph I. am 18. 2. 1853, 1853, Ölgemälde

"Schotten-Ring: Vorstadtseite mit der Votivkirche"

Erzherzog Ferdinand Maximilian im Ornat des Goldenen Vlieses mit dem Grundriss der Votivkirche. Lithographie nach Ferdinand Laufberger, 2. Hälfte 19. Jahrhundert

Am 18. Februar 1853 attackiert der Schneidergeselle János Libényi den jungen Franz Joseph mit einem Dolch. Das Attentat misslingt – der Kaiser überlebt.

Sein Bruder Erzherzog Ferdinand Maximilian, der spätere Kaiser von Mexiko, rief zu einer Spendenaktion auf, um als Votivgabe der Völker der Monarchie "zum Dank für die Errettung Seiner Majestät" eine Kirche zu bauen. 300.000 Bürger spendeten, ihre Namen wurden täglich in der "Wiener Zeitung" veröffentlicht. Das Geld kam hauptsächlich aus Wien – manche Länder waren für die Errettung weniger dankbar und meinten, die Habsburger finanzierten sich auf diese Weise ein Monument, für das andere bezahlten.

Aus dem internationalen Architekturwettbewerb ging der damals erst 26-jährige Heinrich von Ferstel als Sieger hervor. 1856 wurde der Bau im Stil einer französischen gotischen Kathedrale begonnen und so auf mittelalterliche Frömmigkeitsvorstellungen Bezug genommen. Der Sockel, auf dem die Kirche errichtet ist, betont den Denkmalcharakter, weniger die sakrale Funktion.

Ihre ursprüngliche Bestimmung als Ruhmeshalle für 'große' Österreicher und "Dom der Völker" erhielt die Kirche allerdings nie: Die politische Stimmung in der Monarchie hatte sich in der Zwischenzeit im Licht der Nationalitätenkonflikte drastisch geändert, eine Auswahl der würdigen Personen erschien zunehmend schwierig.

Julia Teresa Friehs