Glaube und Macht - Der Adel und die katholische Kirche

Der Horner Bundbrief vom 3. Oktober 1608

Georg Vrtlmayr: Kaiser Ferdinand III. als Bezwinger der Häresie, Gouache, 1654

Mariazeller Votivbild, Gemälde, 1689

Zwischen dem katholischen Kaiserhaus und dem konfessionell wie ethnisch heterogenen Adel tobte seit dem 16. Jahrhundert ein Kampf nicht nur um den rechten Glauben, sondern vor allem um die Aufteilung von Macht. Nachdem sich die Habsburger durchgesetzt hatten, wurde das katholische Bekenntnis für den Adel zum kleinsten gemeinsamen Nenner, zur Grundbedingung für höfische Karrieren und zur universalen Ideologie.

Der Horner Bundbrief vom 3. Oktober 1608

Georg Vrtlmayr: Kaiser Ferdinand III. als Bezwinger der Häresie, Gouache, 1654

Mariazeller Votivbild, Gemälde, 1689

Die katholische Gegenreformation hatte im Haus Habsburg einen starken Verbündeten. Der kaiserliche Hof stand als Zentrum der Entscheidungsbildung im Mittelpunkt der Rekatholisierungsmaßnahmen. Die Jesuiten zum Beispiel setzten bewusst bei den Eliten an, der Adel wurde gezielt umworben.

Nicht zuletzt über den Adel erreichte man auch die breite Masse der Bevölkerung. In Zeiten, als die katholische Infrastruktur nur mehr in Resten vorhanden war, brauchte die Kirche die Unterstützung des Adels, denn adelige Grundherren hatten Mitspracherechte bei der Besetzung und der finanziellen Ausstattung von Pfarren. Wenn der adelige Grundherr konvertierte, so mussten auch dessen Untertanen wohl oder übel seinem Beispiel folgen.

Der kaiserliche Hof selbst protegierte Katholiken bzw. setzte unmissverständliche Signale, dass eine Konversion zum Katholizismus erwünscht war. Auf kultureller Ebene reizten die Zugehörigkeit zum erstarkenden katholischen Lager rund um den Hof und dessen kosmopolitische Ausrichtung. Außerdem lockten kaiserliche Gunstbeweise, die als Belohung für den rechtzeitigen und beispielhaften Übertritt zum Katholizismus zu erwarten waren.

Es wurde immer enger für Protestanten, die sich von Karrierechancen ausgeschlossen sahen. Die Zugehörigkeit zu einer Konfession wurde immer weniger als Ausdruck einer religiösen Haltung, sondern als politischer Standpunkt gewertet. Überspitzt formuliert könnte man sagen, dass Katholiken in der Regel als Parteigänger der kaiserlichen Zentralmacht galten, wogegen Protestanten als Anhänger des ständischen Partikularismus als Gegenmacht zum Kaiserhof betrachtet wurden.

Die in die Enge getriebenen adeligen Nichtkatholiken versuchten sich zu organisieren und schufen Bündnisse. Es kam zu einer Reihe von Aufständen, deren bedeutendster der böhmische Ständeaufstand von 1618 war. Nach dessen Niederschlagung 1620 setzte sich die radikale Richtung des katholischen Lagers unter der Führung des glaubensstrengen Kaisers Ferdinand II. durch. Der nichtkatholische Adel wurde vor die Alternative Konversion oder Exil gestellt. Die Kompromisslosigkeit der katholischen Gegenreformation duldete keine konfessionelle Opposition mehr. Der Katholizismus wurde zur wichtigsten ideologischen und kulturellen Klammer der Adelsgesellschaft der habsburgischen Monarchie.

Martin Mutschlechner