Johann Zoffany: Kaiser Franz Stephan I. in seinen naturhistorischen Sammlungen, Ölgemälde, 1776/77

Franz Messmer/Jakob Kohl/Martin van Meytens: "Kaiserbild", Kaiser Franz I. Stephan mit Gelehrten, Ölgemälde, um 1773

Franz Stephan: Förderer der Wissenschaften und Finanzgenie

Johann Zoffany: Kaiser Franz Stephan I. in seinen naturhistorischen Sammlungen, Ölgemälde, 1776/77

Franz Messmer/Jakob Kohl/Martin van Meytens: "Kaiserbild", Kaiser Franz I. Stephan mit Gelehrten, Ölgemälde, um 1773

Der Gemahl Maria Theresias war ein sehr fortschrittlich denkender Geist, der viele kulturelle und intellektuelle Impulse aus seiner westeuropäischen Heimat mitbrachte.

Johann Zoffany: Kaiser Franz Stephan I. in seinen naturhistorischen Sammlungen, Ölgemälde, 1776/77

Franz Messmer/Jakob Kohl/Martin van Meytens: "Kaiserbild", Kaiser Franz I. Stephan mit Gelehrten, Ölgemälde, um 1773

Dank Franz Stephan verstärkte sich das französische Element am Wiener Hof. Die Privatkorrespondenz der Mitglieder der Familie Maria Theresias ist zum Beispiel vorwiegend in Französisch mit eingestreuten deutschen Wörtern, oft im Wiener Dialekt, verfasst.

Der Lothringer bildete eine Brücke zur westeuropäischen Geisteswelt, wo die Aufklärung in voller Blüte stand und das „Enzyklopädische Zeitalter“ begonnen hatte. Franz Stephan war für die neuen Strömungen zugänglich und verfügte über ein rationales Weltbild. Bezeichnenderweise war er auch Mitglied und Förderer des Geheimbundes der Freimaurer. Diese damals unter den liberalen Eliten Europas sehr populäre Vereinigung wollte an einer neuen Gesellschaft im Sinne des Humanismus bauen und die Menschen von den Fesseln der konfessionellen Intoleranz und feudalen Unterdrückung befreien.

Da Franz Stephan in die Regentschaft seiner Gattin nur locker eingebunden war, schuf er sich sein eigenes Reich im „Kaiserhaus“, einem Palais in der Wiener Wallnerstraße. Dort konnte er ungestört seinen naturwissenschaftlichen Interessen nachgehen. Es standen ihm ein Laboratorium, eine Bibliothek und Räumlichkeiten für seine Sammlung zur Verfügung. Diese damals als Naturalienkabinett bekannte Institution bildete den Grundstein für das spätere Naturhistorische Museum in Wien.

Der Kaiser scharte hier eine in sich geschlossene Gesellschaft von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Künstlern aus ganz Europa um sich. Über ihn kam u. a. Gérard van Swieten 1745 als kaiserlicher Leibarzt nach Wien. Auf van Swieten geht die Reform der Wiener Universität und Hofbibliothek zurück, und er legte den Grundstein für den Aufschwung der Wiener Medizinischen Schule, die im 19. Jahrhundert Weltgeltung erlangen sollte.

Am greifbarsten hat sich das Werk Franz Stephans bis heute in Schönbrunn erhalten. Ein Teil des Parks wurde nicht nach ästhetisch-repräsentativen Maßstäben gestaltet, sondern als Abbild des ordnenden Blickes der Vernunft auf das vermeintliche Chaos der Natur. 1752 begründete Franz Stephan den Tiergarten Schönbrunn, den ältesten noch bestehenden zoologischen Garten Europas. Im Jahr darauf entstand der Botanische Garten, der bezeichnenderweise Holländergarten genannt wurde: der Niederländer Adrian van Steckhoven war dessen erster Direktor. Zur Beschaffung exotischer Pflanzen und Tiere ließ er 1754–1759 eine Karibik-Expedition unter Leitung von Nikolaus Joseph von Jacquin unternehmen. Der Kaiser war in all diese Vorhaben persönlich involviert und bestens informiert.

Ein weiterer interessanter Zug in der Persönlichkeit Franz Stephans ist das ökonomische Talent, das es ihm ermöglichte, in kurzer Zeit ein großes Privatvermögen aufzubauen. Er erwarb Güter in Niederösterreich, Ungarn und Mähren. Im österreichischen Teil von Schlesien wurde er bereits von seinem Schwiegervater Karl VI. mit dem Herzogtum Teschen belehnt. Auf seinen oberungarischen Domänen Holitsch und Sassin schuf er dank gewinnträchtiger Manufakturen für Textilien und Keramik ein Beispiel für ein frühindustrielles Imperium.

Dank seines Reichtums konnte er Maria Theresia und der stets erschöpften Staatskasse Darlehen gewähren. Er profitierte auch von Großaufträgen der österreichischen Armeeverwaltung. Gerüchte, dass er sich dabei aufgrund überhöhter Preise unrechtmäßig bereichert oder gar auch Preußen beliefert hätte, lassen sich nicht verifizieren.

Nach dem Tod Franz Stephans bildete der enorme Besitzkomplex den Grundstein für den Habsburgischen Familienfonds, einer Stiftung zur Versorgung nicht regierender Mitglieder der Familie. Das Geldvermögen wurde von seinem Sohn und Nachfolger Joseph II. zum Großteil zur Tilgung der Staatsschulden verwendet, die sich im Laufe des Siebenjährigen Krieges angehäuft hatten. 

Martin Mutschlechner