Ferdinand I.: Neue Kronen für Habsburg

Johann Bocksberger der Ältere: Kaiser Ferdinand I., Mitte 16. Jahrhundert

Die Schlacht von Mohács am 29. August 1526 brachte eine plötzliche Wendung des Schicksals. Der Schwager Ferdinands, der junge König Ludwig II. von Böhmen und Ungarn, fiel im Kampf gegen die Osmanen.

Johann Bocksberger der Ältere: Kaiser Ferdinand I., Mitte 16. Jahrhundert

Die Bestimmungen des Erbvertrages von Wien, den Ferdinands Großvater Maximilian I. mit dem Haus Jagiello abgeschlossen hatte, traten nun in Kraft – früher als gedacht. Die  Kronen der bedeutenden Königreiche Böhmen und Ungarn lagen nun in Griffweite Ferdinands.

In beiden Länden musste Ferdinand sich jedoch einer Wahl stellen, denn bisher war nur die prinzipielle Anwartschaft gesichert. Die selbstbewussten Adelsgemeinden der beiden Ländergruppen pochten nämlich auf ihr verbrieftes Recht auf eine Wahl des Herrschers.

In Böhmen verlief die Bestätigung Ferdinands als König 1526 ohne Komplikationen. Die Stände wählten ihn in Ermangelung anderer ernstzunehmender Kandidaten. Das von den böhmischen Magnaten anfänglich unterschätzte Durchsetzungsvermögen Ferdinands führte zu einer Revolte, die 1547 niedergeschlagen wurde. Der latent vorhandene Antagonismus zwischen dem mehrheitlich nicht-katholischen Adel und dem Haus Habsburg lieferte aber weiterhin Zündstoff für Konflikte.

In Ungarn war die Situation komplizierter, denn das Land war aufgrund der Eroberungen der Osmanen, die das alte Königreich überrannt hatten, aufs Äußerste gefordert. Als Gegenkönig des Habsburgers positionierte sich der aus ungarischem Adel stammende János Zápolya, der sich als nationale Alternative zum landfremden Ferdinand angeboten hatte. Der Habsburger fand nur Unterstützung bei einem Teil des Adels und konnte nur das nordwestliche Ungarn tatsächlich in Besitz nehmen. Der Osten des Landes entzog sich Ferdinands Kontrolle.

Die Erwartungen des ungarischen Adels, dass Ferdinand, der sich auf ein europaweites dynastisches Netz stützen konnte, als starker König die Expansion der Türken aufhalten, ja sie eventuell sogar wieder zurückdrängen würde, erfüllten sich nicht. Ferdinands Mittel, die ihm aus der Herrschaft über die zentraleuropäischen Gebiete zuflossen, waren zu gering. So war er auf Unterstützung aus Spanien angewiesen, sein Bruder Karl V. blieb jedoch erstaunlich inaktiv angesichts der massiven Bedrohung, der Mitteleuropa entgegensah. So ging der türkische Vormarsch rasch vor sich: die alte Hauptstadt Ofen (Buda) fiel 1541 genauso in die Hände des Sultans wie Gran (Esztergom), der Sitz des kirchlichen Oberhauptes des Landes (1542); 1543 fiel schließlich auch die alte Krönungstadt Stuhlweissenburg (Székesfehérvár). Von dem einstigen mittelalterlichen Königreich blieb Ferdinand nur der Norden (in etwa das Territorium der heutigen Slowakei) – Pressburg (Pozsony bzw. Bratislava) wurde auch die neue Hauptstadt des habsburgischen Teils von Ungarn – und der Westen übrig, sowie die westlichen Teile des mit Ungarn unierten Kroatiens.

1529 standen die Türken erstmals vor Wien. Nur dank eines überraschend frühen Wintereinbruchs waren die Osmanen gezwungen, die Belagerung erfolglos abzubrechen. Die Türken hatten nun eindrucksvoll bewiesen, dass die habsburgische Residenzstadt in Reichweite ihrer Armeen lag. Wien wurde in Folge mit Nachdruck zu einer modernen Festung ausgebaut. 

Martin Mutschlechner