Ein Weihnachtskonzert der besonderen Art: Joseph Haydn und die russische Großfürstin

„Das Schloß Schönbrunn gegen den Garten“, Heliogravüre nach dem Kupferstich von Carl Schütz aus dem Jahre 1782

J. E. Mansfeld: Großfürstin Maria Feodorowna, Kupferstich

Ludwig Guttenbrunn: Joseph Haydn, Ölgemälde, um 1770

Zu Weihnachten 1781 war die Wiener Hofburg Schauplatz eines besonderen Konzertes, das in die Musikgeschichte eingehen sollte. Auf Einladung der damals in Wien weilenden russischen Großfürstin Maria Feodorowna gab Joseph Haydn seine eben erst komponierten "Russischen Quartette".

„Das Schloß Schönbrunn gegen den Garten“, Heliogravüre nach dem Kupferstich von Carl Schütz aus dem Jahre 1782

J. E. Mansfeld: Großfürstin Maria Feodorowna, Kupferstich

Ludwig Guttenbrunn: Joseph Haydn, Ölgemälde, um 1770

Auf seiner Europa-Reise besuchte das russische Großfürstenpaar Ende 1781 auch Wien. Der russische Thronfolger Paul – ein Sohn Katharinas der Großen, der später als Paul I. den Zarenthron besteigen sollte –  und seine Gemahlin Maria Feodorowna erhielten von ihrem Gastgeber Kaiser Joseph II. für ihren Aufenthalt ein Appartement in der Wiener Hofburg zur Verfügung gestellt.

Kaiser Joseph organisierte für seine Gäste auch ein reichhaltiges Besuchsprogramm, das von der Wiener Porzellanmanufaktur über Schönbrunn bis hin zum Stephansdom reichte. Die Großfürstin war bekannt dafür, sich für Musik zu begeistern, worauf Joseph II. im Besonderen einging. Am 24. Dezember veranstaltete er in seinen Räumen im Leopoldinischen Trakt der Hofburg einen fulminanten Wettstreit zwischen Wolfgang Amadeus Mozart und Muzio Clementi, der übrigens unentschieden endete.

Nur einen Tag später wurde erneut ein Konzert in der Hofburg gegeben. Doch diesmal ging die Initiative nicht vom Kaiser, sondern von der russischen Großfürstin aus. Unter Anwesenheit Joseph Haydns wurden dabei zumindest Teile seiner erst kurz zuvor fertig gestellten "Russischen Quartette" (op. 33) aufgeführt. Vieles spricht dafür, dass es sich sogar um die Uraufführung des Quartett-Zyklus’ handelte. Die Wiener Zeitung berichtete über das Konzert, dass sich dabei "die vornehmsten hier aufhaltende Tonkünstler beederley Geschlechts hören ließen". Neben Haydn und vier namentlich genannten aktiv mitwirkenden Musikern (Luigi Tomasini, Franz Aspelmayr, Thaddäus Huber u. Joseph Franz Weigl) waren also auch noch andere Musiker beim Konzert der Großfürstin anwesend.

Möglicherweise war auch Mozart zugegen, da er nur einen Tag vorher bereits für Joseph II. und die Großfürstin in der Hofburg musiziert hatte. Dies ist jedoch reine Spekulation, gewiss haben jedoch Haydns "Russische Quartette" den jungen Komponisten stark inspiriert. Von diesem Werk höchst beeindruckt komponierte Mozart in der Folge selbst einen Quartett-Zyklus, den er seinem väterlichen Freund widmete und der unter der Bezeichnung "Haydn-Quartette" bekannt ist.

Das Konzert dürfte jedenfalls ein großer Erfolg für Haydn gewesen sein. Der Komponist und die vier Musiker wurden mit großzügigen Geschenken bedacht. Noch Jahre später schwärmte die nunmehrige Zarin von diesem Ereignis in Wien, und auch Haydns "Russische Quartette" sollten einen wichtigen Stellenwert in der Musikgeschichte einnehmen.

Die Räumlichkeiten, in denen sie am 25. Dezember des Jahres 1781 aufgeführt wurden, existieren noch: Später von Kaiserin Elisabeth bewohnt, sind sie heute im Rahmen einer Besichtigung der Kaiserappartements der Hofburg zu besichtigen.

Bernhard A. Macek