Die Geburtsstunde der österreichischen Linie: Ferdinand I.

Johann Bocksberger der Ältere: Kaiser Ferdinand I., Mitte 16. Jahrhundert

Kaiser Karl V. überträgt seinem Bruder Erzherzog Ferdinand die österreichischen Länder, Aquarell

Ferdinand verblasst gegenüber seinem Bruder Karl V. Er schuf aber die Grundlagen der Donaumonarchie und begründete die österreichische Linie der Habsburger.

Und hauptsächlich hab ich auf Euch, Maximilian, mehr Sorg als auf Euer ander keiner, denn ich hab allerlei gesehen und gemerkt, das mir einen Argwohn bringt, als wolltest Du Maximilian von unserer Religion fallen und zu der neuen Sekte übergehen. Gott wolle, daß das nicht sei und daß ich Dir darin Unrecht tue; denn Gott weiß, daß mir auf Erden kein größeres Leid noch Bekümmernis vorfallen könnte, als daß Ihr, Maximilian, mein ältester Sohn von der Religion abfielet.

Ferdinand I. an seinen Sohn und Nachfolger Maximilian II.

Johann Bocksberger der Ältere: Kaiser Ferdinand I., Mitte 16. Jahrhundert

Kaiser Karl V. überträgt seinem Bruder Erzherzog Ferdinand die österreichischen Länder, Aquarell

Nachdem Karl V. König in Spanien und Kaiser im Heiligen Römischen Reich geworden war, wurde Anfang der 1520er Jahre in mehreren Verträgen eine Lösung für seinen Bruder Ferdinand gefunden: Ferdinand, der in Spanien aufgewachsen war und nur schlecht Deutsch sprach, übernahm die Regierung in den österreichischen Erblanden der Habsburger. Außerdem wurde er Stellvertreter des Kaisers im Heiligen Römischen Reich. Ein eigenes Königtum Österreich wurde Ferdinand jedoch von seinem Bruder verweigert.

Ferdinands Herrschaftsbeginn in Österreich gestaltete sich schwierig: 1522 reagierte er mit dem Wiener Neustädter Blutgericht brutal auf eine Rebellion der Stände und schaltete damit die ständische Opposition aus. Bauernaufstände und die Reformation brachten weitere gesellschaftliche Konflikte. Auch die Erweiterung der habsburgischen Macht im Donauraum stieß auf Widerstand: In der Schlacht von Mohács 1526 starb Ferdinands Schwager Ludwig II., dadurch wurde er König von Böhmen. Schwieriger war die angestrebte Machtübernahme in Ungarn: Sowohl Ferdinand als auch der Adelige Jan Szapolyai wurden zum König gewählt – das Erbrecht Ferdinands erkannten die ungarischen Stände nicht an. Die direkte Nachbarschaft zum Osmanischen Reich war ab nun eine ständige Bedrohung: 1529 wurde Wien zum ersten Mal von osmanischen Truppen belagert. Ferdinand verfügte über weit geringere finanzielle Ressourcen als sein Bruder Karl, deshalb konnte er keinen erfolgreichen Krieg gegen die Türken führen. Er zeigte sich zunehmend enttäuscht über die zögernde Unterstützung seines Bruders.

In den österreichischen Ländern kümmerte sich Ferdinand um die Organisation der Verwaltung: 1527 schuf er mit der Hofstaatsordnung den Geheimen Rat, den Hofrat, die Hofkanzlei und die Hofkammer. Damit stabilisierte er die landesfürstliche Herrschaft und schuf die Grundlagen für eine effiziente Verwaltung.

Im Heiligen Römischen Reich wurde Ferdinand 1531 zum römischen König gewählt. Nach der Abdankung seines Bruders 1556 wurde Ferdinand Kaiser, starb jedoch schon acht Jahre später. Eigentlich sollte nun Karls Sohn Philipp II. als Kaiser nachfolgen und die Kaiserwürde zwischen der spanischen und der österreichischen Linie abwechseln, sie blieb aber bei den österreichischen Habsburgern. Die österreichischen Länder teilte Ferdinand unter seinen drei Söhnen auf.

Stephan Gruber