Leopold Kupelwieser: Erzherzog Johann im Rock, Öl auf Leinwand, 1828

Erzherzog Johann. Lithografie nach Zeichnung von Josef Kriehuber, 1848

Eröffnung des österreichischen Reichstages unter dem Vorsitz von Erzherzog Johann in der Winterreitschule der Wiener Hofburg

Proklamation Erzherzog Johanns als Reichsverweser, 15. Juli 1848

Der "Reichsverfauler": Erzherzog Johann

Leopold Kupelwieser: Erzherzog Johann im Rock, Öl auf Leinwand, 1828

Erzherzog Johann. Lithografie nach Zeichnung von Josef Kriehuber, 1848

Eröffnung des österreichischen Reichstages unter dem Vorsitz von Erzherzog Johann in der Winterreitschule der Wiener Hofburg

Proklamation Erzherzog Johanns als Reichsverweser, 15. Juli 1848

Als "Habsburgs grüner Rebell" wird Erzherzog Johann heute dargestellt. Die in ihn gesetzten großen Hoffnungen konnte er aber nicht ganz erfüllen.

Leopold Kupelwieser: Erzherzog Johann im Rock, Öl auf Leinwand, 1828

Erzherzog Johann. Lithografie nach Zeichnung von Josef Kriehuber, 1848

Eröffnung des österreichischen Reichstages unter dem Vorsitz von Erzherzog Johann in der Winterreitschule der Wiener Hofburg

Proklamation Erzherzog Johanns als Reichsverweser, 15. Juli 1848

"Deutsche! Eure in Frankfurt versammelten Vertreter haben mich zum deutschen Reichsverweser erwählt", beginnt Erzherzog Johann seine Proklamation vom 15. Juli 1848 nach der Übernahme der Provisorischen Zentralgewalt.

Johann, ein Bruder von Kaiser Franz II./I., hatte in den 1810er Jahren eine wichtige Rolle im Tiroler Freiheitskampf Andreas Hofers gegen Napoleon gespielt. Aufgrund seiner Teilnahme am Alpenbund, einer Tiroler Widerstandsbewegung, die der Kaiser und Metternich als inopportune Verschwörung betrachteten, war er jedoch von seinen politischen Ämtern zurückgetreten, was zu seiner volkstümlichen Popularität beitrug – etwa als "Habsburgs grüner Rebell" wird er in einer 1981 erschienenen Biografie präsentiert. Dabei wird gerne übersehen, dass er trotz aller Meinungsverschiedenheiten loyal zu seinem Bruder, dem Kaiser, stand. Nach 1813 hielt sich Johann zunächst aus dem politischen Leben weitgehend fern. Er wandte sich der Steiermark zu, wo er besondere Beliebtheit in der Bevölkerung erlangte. An dieser Popularisierung hatte seine Ehe mit der Postmeisterstochter Anna Plochl großen Anteil.

Während der Revolution 1848 wurde Johann nochmals politisch aktiv: Am 29. Mai wurde er von den Vertretern der deutschen Staaten in der Frankfurter Paulskirche zum Reichsverweser gewählt. Auch in Wien und Graz bemühte sich der Erzherzog, zwischen den Konfliktparteien schlichtend zu vermitteln: Er eröffnete in Wien am 22. Juli den Reichstag, das Parlament der revolutionären Monarchie. Das Amt des Reichsverwesers, also des Vertreters des Monarchen, sollte er ausüben, bis die Nationalversammlung einen Kaiser als Staatsoberhaupt gewählt hätte – wozu es allerdings nicht kam. Erzherzog Johann konnte keinen echten Einfluss auf eine Umgestaltung Deutschlands nehmen, zu groß waren die Konflikte innerhalb des Bürgertums und zwischen den reaktionären und revolutionären Kräften. Aufgrund seiner politischen Ohnmacht wurde er deswegen als "Reichsverfauler" verspottet. Er legte sein Amt im Dezember 1849 in Frankfurt nieder und ging zurück in die Steiermark, wo er 1850 Bürgermeister von Stainz wurde.

Erzherzog Johanns Optimismus und seine Hoffnungen auf Fortschritt sind in seiner Proklamation "An das deutsche Volk" erkennbar. Gleichzeitig war er jedoch ein Skeptiker, der sich aufgrund seines praktischen Scheiterns in idyllische Gegenwelten zurückzog. Jedenfalls steht der "Reichsverfauler" Johann als deutliches Beispiel dafür, dass die habsburgische Dynastie nicht als geschlossener Block betrachtet werden kann: In der Persönlichkeit Johanns werden zahlreiche Widersprüche zwischen dynastischen Herrschaftsansprüchen und liberalem Gedankengut, zwischen Fortschrittsglaube und Pessimismus erkennbar.

Stephan Gruber