Der Kaiser und sein Hof

Gregorio Guglielmi, Das Wohlergehen der Monarchia Austriaca, mittleres Deckenfresko in der Großen Galerie von Schloss Schönbrunn

Fuß-Turnier bei Hofe, Kupferstich, 1652

Jan Thomas: Kaiser Leopold I. im Theaterkostüm, Gemälde, 1667

Der Kaiser war zugleich Familienoberhaupt der Dynastie, Vorstand des kaiserlichen Haushaltes und in der Auffassung der absolutistischen Staatslehre die Verkörperung des Staates: Der kaiserliche Hof war die Plattform, auf der habsburgische Macht in all ihrer Vielschichtigkeit sichtbar gemacht wurde.

Gregorio Guglielmi, Das Wohlergehen der Monarchia Austriaca, mittleres Deckenfresko in der Großen Galerie von Schloss Schönbrunn

Fuß-Turnier bei Hofe, Kupferstich, 1652

Jan Thomas: Kaiser Leopold I. im Theaterkostüm, Gemälde, 1667

Die Habsburger der Barockzeit herrschten über eine Vielzahl von Ländern, die nur an der Spitze, eben in der Person des Monarchen vereint waren. Die einzelnen Territorien wiederum wurden durch die Großen des Landes, den Adel, bei Hof repräsentiert. Der Hofadel bildete somit eine exklusive Öffentlichkeit in der unmittelbaren Umgebung des Herrschers.

Die Zugehörigkeit zur höfischen Gesellschaft und die daraus resultierende Nähe zum Monarchen wurden als Auszeichnung verstanden. Es galt daher den Zugang zum Monarchen so restriktiv wie möglich zu gestalten. Eine diffizile Rangfolge wurde geschaffen, um augenscheinlich zu machen, wer auf welcher Stufe der Hierarchie stand. Jeder Rang bedingte entsprechende Kleidung, Verhalten, Lebensstil. Es herrschten klare Regeln, wer wo wann wohin zugelassen wurde. Der Adel konkurrierte um die Gunst des Monarchen, denn das Ausmaß der Zutrittsrechte zum Herrscher als Quell der Macht galt als Gradmesser der Stellung bei Hofe und eben auch im Land.

Zu den Grundfunktionen des Hofes zählten neben der Versorgung der fürstlichen Familie und der Unterstützung des Fürsten bei der Ausübung der Regierungsgeschäfte vor allem die Repräsentation. Feste boten eine besondere Möglichkeit, das ideologische Konzept der Dynastie künstlerisch überhöht nach Außen zu projizieren: hier sollte die breite Masse beeindruckt werden, öffentliche Plätze, ja die ganze Stadt wurden zur Bühne. Durch publizistische Verbreitung sollten ausländische Mächte und die Nachwelt durch den dabei getriebenen Aufwand von der Vitalität des Staates und der Dynastie überzeugt werden.

Von besonderer Bedeutung war die angemessene Darstellung der Würde und des Ansehens des Hauses. Dies geschah mit schier unglaublichem Prunk: Was sich modernen Betrachtern als sinnlose Verschwendung darstellt, war für den Hof Selbstzweck. Der Monarch musste durch Prachtentfaltung seine hervorragende Stellung im Gefüge der Macht sichtbar werden lassen.

Ein weiterer Wesenszug des Hofes war die fehlende Trennung zwischen privatem und öffentlichem Bereich. Die Grenzen waren fließend, alles war mehr oder weniger öffentlich, auch banale Dinge des Alltags wurden einer strengen Choreographie unterworfen. Der Kaiser hatte kein Privatleben – der Monarch schläft, isst, betet, feiert, lebt und stirbt unter den Augen des Hofes.

Martin Mutschlechner