Der Kaiser spinnt, die Kaiserin ist verstimmt – Manufakturen und habsburgisches Wirtschaftsprogramm

Die Barchent-Fabrik des Emmanuel Botzenhard in Klosterneuburg. Aquarell, signiert TS (?), 18. Jahrhundert

Franz I. Stephan 'pfuschte' seiner Gattin mit seinen textilwirtschaftlichen Ambitionen gehörig ins Handwerk. Es hatte trotzdem sein Gutes, mit einer 'Kaiserin' verheiratet zu sein – sie konnte die Gesetze nämlich einfach ändern.

Manufacturen, in weitläuffigen Verstand könte man alle mit Händen gemachte Wercke, aus was vor Materien sie bestehen mögen, Manufacturen nennen: man verstehe aber dadurch eigentlich Waaren, die man aus den Materialien verfertiget, als aus Metallen, Steinen, Holz, Seiden, Wollen, und andern dergleichen Materialien; oder Manufacturen sind gewisse Oerter, wo viele Arbeiter zu finden sind, welche allesamt eine Arbeit verfertigen, z.B. Zeuge, Strümpffe, Hüte etc. Solche Manufacturen bereichern das Land. Denn damit kan man nicht nur verhindern, daß nicht so viel Geld aus dem Lande geschleppet wird, sondern auch machen, daß noch welches von den Fremden hinein gebracht werde.

Johann Heinrich Zedlers Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 19, 1739, 0601.

Die Barchent-Fabrik des Emmanuel Botzenhard in Klosterneuburg. Aquarell, signiert TS (?), 18. Jahrhundert

Franz I. Stephan ließ auf seinem Anwesen Sassin in Ungarn eine Kattunfabrik errichten. Damit handelte er nicht nur gegen die wirtschaftspolitischen Pläne seiner kaiserlichen Gattin Maria Theresia, die Ungarn für die landwirtschaftliche Produktion vorgesehen hatte. Er verstieß außerdem gegen ein Privileg: Die Schwechater Kattunfabrik besaß das alleinige Recht auf die Produktion. Schließlich wurde auch seiner Fabrik das Recht gewährt, wodurch eine starke Konkurrenz entstand. Maria Theresia hob 1761 die Privilegien beider Fabriken auf, ab 1763 kam es zu einem regelrechten Boom an Kattunfabriksgründungen.

Die habsburgischen HerrscherInnen förderten Manufakturen, weil sie sich dadurch Wirtschaftswachstum und steigende Einnahmen erhofften. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden deshalb sogenannte Fabriksprivilegien erteilt. Förderungswürdig erschien besonders die Textilherstellung, weil sie mit 35% des gesamten Exportvolumens der Monarchie auch einen führenden Zweig der habsburgischen Wirtschaft darstellte. 1790 existierten in den österreichischen Ländern der Monarchie immerhin 163 Textilmanufakturen, die meisten davon im Erzherzogtum Österreich unter der Enns und in Böhmen. Den zweiten Platz nahmen Manufakturen der Metallverarbeitung mit 44 Betrieben ein.

Die Inhaber solcher privilegierter Fabriken durften ihre Produkte ohne zünftische Beschränkung produzieren und besaßen teilweise auch das alleinige Recht zur Herstellung und zum Verkauf ihrer Waren. Darüber hinaus waren sie für eine gewisse Zeit von Steuern befreit und ihre Arbeiter wurden nicht zum Militärdienst eingezogen.

Die Produktion und der Verkauf der Produkte waren unter Joseph II. vom Zunftzwang ausgenommen, und die Fabriksgebäude durften sich mit der Aufschrift "k. k. Privilegierte Fabrik" schmücken.

Christina Linsboth