Mathias Steinl: Titelkupfer anlässlich der Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände für Joseph I. 1705

Erhebung des Leopold Matthias Graf von Lamberg in den Fürstenstand, Libell vom 1. November 1707

Der Hof als Quelle der Macht

Mathias Steinl: Titelkupfer anlässlich der Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände für Joseph I. 1705

Erhebung des Leopold Matthias Graf von Lamberg in den Fürstenstand, Libell vom 1. November 1707

Bei Hofe herrschten eigene Spielregeln: Der Adel musste bestimmte Verhaltensweisen akzeptieren, die der Herrscher als Instrument zu dessen Zähmung nutzen konnte. Die Zugehörigkeit zur Hofgesellschaft war dennoch höchst begehrt, denn der Hof wurde zum zentralen Umschlagplatz für wichtige Informationen und prestigeträchtige Posten.

Mathias Steinl: Titelkupfer anlässlich der Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände für Joseph I. 1705

Erhebung des Leopold Matthias Graf von Lamberg in den Fürstenstand, Libell vom 1. November 1707

Dank der Vielschichtigkeit habsburgischer Herrschaft – die Monarchen aus dem Haus Habsburg hatten ja in der Regel nicht nur die Würde des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches inne, sondern waren zugleich auch Könige von Böhmen und Ungarn, Erzherzoge von Österreich etc.  – bot der Wiener Hof aufgrund der enormen Machtkonzentration in den Händen der habsburgischen Herrscher den politisch loyalen Teilen des Adels aus den österreichischen, böhmischen und ungarischen Ländern enorme Möglichkeiten in Hinblick auf Karrierechancen und Besitzerwerb.

Aus dem Kräftemessen zwischen dem Haus Habsburg und den Ständen um die Verteilung der Macht ging die Dynastie schließlich zu Beginn des 17. Jahrhunderts siegreich hervor. Der in seiner Macht nun nicht mehr infrage gestellte Monarch konnte durch die Verteilung von Privilegien und Standeserhebungen einzelne Familien protegieren. Neue prestigeträchtige Würden, noch feinere Abstufungen bei Titeln und neue Kategorien in der adeligen Hierarchie wurden geschaffen, über deren Vergabe der Kaiser allein bestimmen konnte. Adelshäuser, die sich vorher als gleichrangig sahen, fanden sich nun auf verschiedenen Rängen wieder, und Neuaufsteiger wurden, nachdem sie durch kaiserliche Huld mit exklusiven Titeln versehen worden waren, plötzlich alten Adelsfamilien gleichgestellt bzw. sogar vorgereiht. Damit wurde eine Art Wettlauf in Gang gebracht, denn die konkurrierenden Familien mussten, um ihre Position in der sensiblen Hierarchie des Adels zu halten, nun ebenfalls das kaiserliche Wohlwollen anstreben. Dies gelang jedoch nur, wenn man sich den Spielregeln des Hofes unterwarf – die stolzen Adeligen waren nun gezwungen, an den Hof zu kommen und Posten in der Nähe des Kaisers anzustreben.

Das Entstehen der habsburgischen Monarchie kann daher durchaus als gelungene soziale und politische Integration der adeligen Eliten gesehen werden. Eine supranationale Hocharistokratie entstand, für die Sprache und ethnische Herkunft zweitrangig waren. Ausschlaggebend waren die standesmäßige Ebenbürtigkeit und die Stellung in der Hierarchie bei Hofe. Oft in mehreren Provinzen des Reiches besitzmäßig verankert, war man geeint durch einen auf die Gesamtmonarchie gerichteten 'habsburgischen Patriotismus' mit einer starken Bindung an die Dynastie und deren ideologisches Programm.

Martin Mutschlechner