Das Ende der Monarchie

Ferdinand Schmutzer: Porträtfoto von Kaiser Karl I.

In den letzten Oktobertagen des Jahres 1918 überschlugen sich die Ereignisse. Binnen weniger Tage löste sich die habsburgische Herrschaft in Österreich nach fast 640 Jahren auf.

Ferdinand Schmutzer: Porträtfoto von Kaiser Karl I.

Am 23. Oktober 1918 fuhr die kaiserliche Familie nach Ungarn, wo die Lage noch etwas stabiler war, um sich dort der Loyalität der ungarischen Regierung zu versichern. Man nahm Aufenthalt in Gödöllö, da die Situation in Budapest bereits zu gefährlich war. Am 26. des Monats kehrte das Kaiserpaar jedoch übereilt nach Wien zurück, da Nachrichten vom Zerfall der Armee eintrafen. Als Zeichen dafür, dass das  Kaiserpaar nicht aus dem Land flüchten würde, ließ man die Kinder zunächst in Ungarn zurück.

Noch am selben Tag kündigte Kaiser Karl das militärische Bündnis mit Deutschland auf und am 27. Oktober ernannte er eine neue Regierung unter Ministerpräsidenten Heinrich Lammasch. Dieser letzten kaiserlichen Regierung war de facto das Reich abhanden gekommen, denn die neugebildeten Nationalräte übernahmen bereits die lokale Macht, so auch in Deutschösterreich. Nachdem bereits alle anderen nationalen Vertretungen ihre Zugehörigkeit zur Habsburgermonarchie aufgekündigt hatten, sagten sich am 30. Oktober auch die Vertreter Deutschösterreichs los.

In Wien waren also in den Tagen des Umsturzes zwei Regierungen gleichzeitig tätig: Die kaiserliche Regierung unter Lammasch, der nicht mehr viel Spielraum blieb, und die Regierung Deutschösterreichs, eines Staatsgebildes ohne Verfassung und mit noch unbestimmten Grenzen.

Als am 3. November 1918 das offizielle Kriegsende und die darauffolgende Demobilisierung der Truppen bekannt gegeben wurden, war der Zusammenbruch Österreich-Ungarns nicht mehr aufzuhalten. Die kaiserliche Liquidationsregierung unter Lammasch überredete am 11. November 1918 in Schönbrunn Kaiser Karl, eine Verzichtserklärung zu unterzeichnen, da sich der Kaiser weiterhin beharrlich weigerte abzudanken. Damit war die habsburgische Herrschaft endgültig zu Ende.

Karl und Zita verbrachten die letzten Tage der Monarchie in Schloss Schönbrunn, das als letzte Bastion habsburgischer Macht galt. Dort wurden eilig einige Zimmer für das Kaiserpaar adaptiert, da das reguläre Appartement der kaiserlichen Familie eine Baustelle war: Schloss Schönbrunn sollte nämlich nach dem Tod von Kaiser Franz Joseph einer durchgreifenden Renovierung unterzogen werden. Die Arbeiten in Schönbrunn blieben jedoch kriegsbedingt halbfertig liegen. Daher bezogen Karl und Zita dort das zuletzt als Gästezimmer genutzte Appartement Maria Theresias. Diese Raumfolge war auch Schauplatz der Verhandlungen für die Machtübergabe. Nach der Unterzeichnung der Verzichtserklärung im sogenannten Blauen Salon in Schönbrunn verabschiedete sich das Kaiserpaar von den letzten Getreuen. Im Vorhof warteten bereits Automobile. Um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erwecken, verließ die Wagenkolonne das Gelände nicht durch das Haupttor, sondern durch ein Nebentor.

Martin Mutschlechner